Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabenabzug zu 100% für Verpflegung von freien Mitarbeitern
Leitsatz (amtlich)
Der Betriebsausgabenabzug ist in voller Höhe gegeben, wenn freie Mitarbeiter bei einer Schulungsveranstaltung verpflegt werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, 5 S. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob Aufwendungen für die Verköstigung von Fachberatern/Fachberaterinnen anlässlich von Schulungen in Höhe von 55.750,00 DM in vollem Umfang als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin betreibt eine Metallwarenfabrik. Sie veranstaltet Schulungen für ihre freien Mitarbeiter (= Fachberater oder Handelsvertreter). Die freien Mitarbeiter sind keine Arbeitnehmer. Ihre Aufgabe besteht nach dem Vortrag der Klägerin darin, vor Warenhäusern oder in den Fachabteilungen der Warenhäuser Kochvorführungen mit F-Kochgeräten zu veranstalten mit dem Ziel, gleichzeitig oder direkt daran anschließend durch Einzelberatung des jeweiligen Kaufinteressenten über die optimale Anwendung der Kochgeräte Kaufverträge über F-Produkte zu vermitteln; die freien Mitarbeiter würden für die erfolgreiche Vermittlung Provision von ihr erhalten. Erfolgreiche Vermittlungsleistungen für die Hochpreisprodukte der Klägerin würden permanente, mehrfach jährlich stattfindende Schulungen der freien Mitarbeiter, insbesondere betreffend Produktneuheiten, Gestaltungsvarianten von Kochvorführungen sowie Vermittlungstechnik und Verkaufsrhetorik voraussetzen. Um das umfangreiche Programm eintägig zu bewältigen, könnten keine größeren Unterbrechungen im Ablauf der Schulung stattfinden. Aus diesem Grund würden die Fachberater an Ort und Stelle mit Speisen und Getränken versorgt. Die Kosten der Schulungsveranstaltungen werden von der Klägerin getragen.
Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Klägerin für den Zeitraum 1991 bis 1995 stellte der Betriebsprüfer fest, dass die Klägerin Aufwendungen im Zusammenhang mit Bewirtungen anlässlich von Schulungsmaßnahmen von Fachberatern in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen hat. Der Prüfer stellte sich auf den Standpunkt, dass nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG die Kosten geschäftlicher Bewirtungen zu 20 v.H. nicht abzugsfähig seien. Nach Abschn. 21 Abs. 6 EStR seien geschäftlich veranlasst alle Bewirtungen, die nicht Bewirtungen von eigenen Arbeitnehmern seien. Da es sich vorstehend um die Bewirtung von Geschäftspartnern handle, sei nach Auffassung des Betriebsprüfers der typische Fall einer nichtabzugsfähigen Bewirtung gegeben. Die während der eigentlichen Schulung gereichten Getränke seien als gewährte Aufmerksamkeiten von geringem Umfang nicht beanstandet worden. Der Betriebsprüfer kürzte daher die Aufwendungen im Streitjahr um 11.150,00 DM.
Auf Grund der Prüfungsfeststellungen erließ das beklagte Finanzamt u.a. am 18. Juni 2002 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1993, gegen den die Klägerin rechtzeitig Einspruch eingelegt hat. Sie macht geltend, dass der Begriff des "geschäftlichen Anlasses" in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nach dem Zweck der Norm auszulegen sei, weil der Begriff gesetzlich nicht definiert und eine Bestimmung des Begriffsinhalts in Abgrenzung zum "betrieblichen Anlass" gem. § 4 Abs. 4 EStG nach dem Wortlaut nicht möglich sei. Nach dem gesetzgeberischen Willen, der in der BT-Drucksache11/2536 Seite 76 zum Ausdruck komme, sollte mit dem Begriff geschäftlicher Anlass die Bewirtung von Geschäftsfreunden mit dem Ziel, Geschäftsabschlüsse allgemein zu erleichtern, umschrieben werden. Eine Kürzung des Betriebsausgabenabzugs komme daher nur in Betracht, falls an der Bewirtung Personen teilnehmen würden, die als mögliche Kunden in Betracht kämen, d.h. es müsse ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Bewirtung und den möglichen Geschäftsabschlüssen bestehen. Sollten jedoch die bewirteten Personen diese Geschäftsabschlüsse nur vermitteln, fehle es an dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Geschäftsabschluss und Bewirtung, d.h. es fehle an der geschäftlichen Veranlassung. Diese Auffassung werde auch vom Finanzgericht Düsseldorf in seinem rechtskräftigen Urteil vom 29. September 1999, 2 K 8431/97 S (DStRE 2000, Seite 113) vertreten. Danach seien die Aufwendungen für eine innerbetriebliche Bewirtung von Arbeitnehmern und freien Mitarbeitern aus Anlass von Fortbildungsveranstaltungen, Anfängerseminaren und zur Vorbereitung von Messeveranstaltungen nicht geschäftlich veranlasst und somit in voller Höhe als Betriebsausgaben abzugsfähig. Nach ihrer Auffassung seien die Aufwendungen für die Beköstigung der Fachberater/innen während der Schulungsveranstaltungen nicht geschäftlich, sondern nur betrieblich veranlasst, da diese Veranstaltungen der innerbetrieblichen Organisation der Verkaufsförderung dienten. Permanente Schulungen durch sie in der dazu benötigten Verkaufsrhetorik seien betrieblich notwendig, weil die F GmbH fast jährlich neu entwickelte Topf- und Pfannenserien herstelle. Die Fachberater/innen,...