[1] Das BSG hat mit dem Urteil vom 11.9.2018, B 1 KR 10/18 R, USK 2018-66, entschieden, dass ein sofortiges Krankenkassenwahlrecht auch in den Fällen einzuräumen ist, in denen sich die aufeinanderfolgenden Mitgliedschaften nahtlos aneinander anschließen; einer Kündigung der bisherigen (kraft Gesetzes geendeten) Mitgliedschaft bedarf es mithin nicht. Ein typisches Beispiel hierfür ist ein Arbeitgeberwechsel bei versicherungspflichtigen Arbeitnehmern. Voraussetzung ist in derartigen Fällen jedoch, dass die 18-monatige Bindungsfrist (vgl. Abschnitt 7.2) bzw. die Mindestbindungsfristen für Wahltarife (vgl. Abschnitt 7.4) erfüllt sind.

Beispiel 1:

Ein Arbeitnehmer ist versicherungspflichtiges Mitglied der Krankenkasse A (Bindungsfrist erfüllt). Arbeitgeberwechsel und Wahl der Krankenkasse B zum 1.7.2019.

Beurteilung:

Der Krankenkassenwechsel zum 1.7.2019 ist im Rahmen eines sofortigen Krankenkassenwahlrechts zulässig, weil ein Arbeitgeberwechsel vorliegt und die Bindungsfrist bei der Krankenkasse A erfüllt ist. Dem neuen Arbeitgeber ist innerhalb von zwei Wochen nach Beginn der Beschäftigung eine Mitgliedsbescheinigung nach Anlage 1[1] vorzulegen. Die Krankenkasse B benötigt für die Begründung der Mitgliedschaft keine Kündigungsbestätigung der Krankenkasse A.

[2] Die vorgenannten Grundsätze zur Ausübung des Krankenkassenwahlrechts gelten für Versicherungspflichtige und für Versicherungsberechtigte gleichermaßen. Hinsichtlich der Frage, ob bei Beginn einer Mitgliedschaft ein Krankenkassenwahlrecht einzuräumen ist, kommt es also nicht auf den Status dieser Mitgliedschaft an; gleichermaßen ist der Status der vorangegangenen Mitgliedschaft irrelevant. Entscheidend in diesem Kontext ist ausschließlich der Umstand, dass eine unmittelbar vorangegangene Mitgliedschaft kraft Gesetzes endet.

[3] In der Folge ist also ein Krankenkassenwahlrecht nicht nur dann einzuräumen, wenn Zeiten der Versicherungspflicht unmittelbar aneinander anschließen; ein Krankenkassenwahlrecht ist vielmehr auch dann gegeben, wenn eine Zeit der Versicherungspflicht sich unmittelbar an eine zuvor kraft Gesetzes beendete freiwillige Mitgliedschaft anschließt (z. B. Eintritt der Versicherungspflicht bei Unterschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze). Schließt sich hingegen eine freiwillige Mitgliedschaft im Rahmen der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V unmittelbar an eine zuvor kraft Gesetzes beendete Zeit der Versicherungspflicht an, bleibt die betroffene Person Mitglied der Krankenkasse, bei der zuvor eine Mitgliedschaft bestanden hat. Ein Krankenkassenwahlrecht kann in diesen Fällen nur dann eingeräumt werden, wenn die anschließende freiwillige Mitgliedschaft nicht im Rahmen der obligatorischen Anschlussversicherung, sondern im Zuge eines Beitritts nach § 9 SGB V bei einer anderen Krankenkasse begründet werden soll.

[4] Das sofortige Krankenkassenwahlrecht knüpft bei unmittelbar aufeinanderfolgenden Mitgliedschaften an die Voraussetzung an, dass die vorangegangene Mitgliedschaft kraft Gesetzes endet. Aus welchem Grund die bisherige Mitgliedschaft endet, ist insoweit irrelevant. Es spielt daher auch keine Rolle, wenn die an die Versicherungspflicht geknüpften Voraussetzungen zwar weiterhin vorliegen, die Mitgliedschaft jedoch aus anderen Gründen gleichwohl zu beenden ist. Daher ist eine Beendigung der Mitgliedschaft kraft Gesetzes in diesem Sinne auch jeweils in den Fällen anzunehmen, in denen eine dem Grunde nach unverändert bestehende Versicherungspflicht durch eine Vorrangversicherung verdrängt wird oder es nach Wegfall der vorrangigen Versicherungspflicht zu einem Wechsel im Status der Mitgliedschaft kommt, die ursprüngliche Versicherungspflicht also wieder "auflebt". Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine KVdR-Mitgliedschaft zunächst durch die Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung verdrängt, die Beschäftigung im weiteren Verlauf beendet und in der Folge die KVdR-Mitgliedschaft im unmittelbaren Anschluss an die Mitgliedschaft als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer (erneut) begründet wird.

[5] Bei unständig Beschäftigten besteht die Mitgliedschaft nach § 186 Abs. 2 Satz 2 SGB V auch an den Tagen fort, an denen der unständig Beschäftigte vorrübergehend, längstens für drei Wochen nicht beschäftigt wird. Sie endet nach § 190 Abs. 4 SGB V erst dann, wenn das Mitglied die berufsmäßige Ausübung der unständigen Beschäftigung nicht nur vorübergehend aufgibt, spätestens mit Ablauf von drei Wochen nach dem Ende der letzten unständigen Beschäftigung. Da das sofortige Krankenkassenwahlrecht bei aufeinanderfolgenden Mitgliedschaften an die Beendigung der vorangegangenen Mitgliedschaft kraft Gesetzes geknüpft ist, ergibt sich daraus, dass unständig Beschäftigte nicht jeweils zu Beginn einer neuen Beschäftigung von ihrem Krankenkassenwahlrecht Gebrauch machen können. Ein Krankenkassenwechsel ist regelmäßig vielmehr ausschließlich im Kündigungsverfahren (vgl. Abschnitt 3.2) möglich.

[6] Für Versicherte, die einen ...

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