[1] Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat auf Grundlage der vorstehend genannten Erkenntnisse am 17.12.2020 den Leistungsanspruch der GKV-Versicherten in einer gesonderten PAR-Richtlinie definiert, bestehende Leistungen angepasst und neue Leistungen für die Behandlung der Parodontitis in die Versorgung aufgenommen. Mit Beschluss vom 30.4.2021 hat der Bewertungsausschuss für die zahnärztlichen Leistungen den Beschluss des G-BA im BEMA umgesetzt.
[2] Die nachfolgende Tabelle enthält den Beschluss des Bewertungsausschusses für die zahnärztlichen Leistungen vom 30.4.2021 in Kurzfassung. Neue bzw. geänderte Leistungen sind grau hinterlegt.
Nr. |
Leistung |
Bewertungszahl |
|
BEMA – Teil 1 |
|
04 |
Erhebung Parodontaler Screening-Index |
12 |
|
BEMA – Teil 4 |
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4 |
Befunderhebung und Erstellen eines Parodontalstatus |
44 |
ATG |
Parodontologisches Aufklärungs- und Therapiegespräch |
28 |
MHU |
Patientenindividuelle Mundhygieneunterweisung |
45 |
AIT |
Antiinfektiöse Therapie |
|
|
a) je behandeltem einwurzeligen Zahn |
14 |
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b) je behandeltem mehrwurzeligen Zahn |
26 |
BEV |
Befundevaluation |
|
|
a) nach AIT |
32 |
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b) nach CPT |
32 |
CPT |
Chirurgische Therapie |
|
|
a) je behandeltem einwurzeligen Zahn |
22 |
|
b) je behandeltem mehrwurzeligen Zahn |
34 |
UPT |
Unterstützende Parodontitistherapie |
|
|
a) Mundhygienekontrolle |
18 |
|
b) Mundhygieneunterweisung (soweit erforderlich) |
24 |
|
c) Supragingivale und gingivale Reinigung, je Zahn |
3 |
|
d) Messung von Sondierungsbluten und Sondierungstiefen |
15 |
|
e) Subgingivale Instrumentierung, je einwurzeligem Zahn |
5 |
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f) Subgingivale Instrumentierung, je mehrwurzeligem Zahn |
12 |
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g) Untersuchung des Parodontalzustands |
32 |
108 |
Einschleifen des natürlichen Gebisses zum Kauebenenausgleich und zur Entlastung, je Sitzung |
6 |
111 |
Nachbehandlung im Rahmen der systematischen Behandlung von Parodontitis und anderen Parodontalerkrankungen, je Sitzung |
10 |
[3] Nachfolgend wird auf die geänderten bzw. neuen Regelungen zur Parodontitis-Therapie eingegangen und auf Unterschiede zu den früheren Regelungen hingewiesen.
3.1 Befunderhebung und Erstellen eines Parodontalstatus
Das Erstellen eines Parodontalstatus ist zukünftig mit 44 Punkten bewertet.
3.1.1 Anamnese
[1] Es sind Angaben zur allgemeinen und zur parodontitisspezifische Anamnese zu machen. Bei der parodontitisspezifischen Anamnese sind die Risikofaktoren Diabetes mellitus und Tabakkonsum zu erfassen, weil diese nachweislich den Verlauf einer Parodontitis beeinflussen können.
[2] Wie bisher ist zu erfragen, ob bei dem Patienten schon einmal eine Parodontitis-Therapie durchgeführt wurde. Nicht länger erforderlich ist es, eine HIV-Infektion im fortgeschrittenen Stadium, eine Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten oder das Bestehens einer Osteoporose zu erfragen, weil diese Erkrankungen bzw. Behandlungen keine Risikofaktoren für die Progression einer Parodontitis darstellen.
3.1.2 Befund
[1] Der klinische Befund umfasst die Messung der Sondierungstiefen. Die Art, wie die Messung der Sondierungstiefen zu erfolgen hat, wurde präzisiert: vorgegeben ist die Messung der Sondierungstiefe an 2 Stellen pro Zahn, davon eine mesioapproximal und eine distoapproximal, wobei die zu messende Seite oral oder vestibulär nicht vorgegeben ist. Insgesamt können im Zahnschema auf Blatt 2 des Parodontalstatus Sondierungstiefen an 6 Messstellen je Zahn eingetragen werden.
[2] Ein Leistungsanspruch des Versicherten auf eine systematische Parodontitis-Therapie besteht nunmehr nicht mehr wie zuvor ab der Messung einer Sonderungstiefe von 3,5 mm, sondern ab einer Sondierungstiefe von 4 mm. Hintergrund ist, dass nach der neuen Klassifikation die Messung in Millimeterstufen erfolgt. Liegt die Sondierungstiefe zwischen 2 Millimetermarkierungen, ist, weil eine der Markierungen in der Zahnfleischtasche nicht sichtbar ist und keine Halbmillimetereinteilung verwendet wird, ein Auf- und ein Abrunden nicht möglich, sodass die Regel angewandt wird, dass in diesem Fall der Wert auf den nächsten ganzen Millimeter aufgerundet wird.
[3] Neu aufgenommen wurde die Dokumentation der Sondierungsblutung zum klinischen Monitoring der Entzündungsaktivität. Wie bisher sind Zahnlockerung und Furkationsbefall zu erheben.
[4] Zum Röntgenbefund ist anzumerken, dass die Röntgenbilder nicht älter als 12 Monate sein sollen; bisher galt die Vorgabe von nur 6 Monaten.
3.1.3 Staging (Stadium, Schwere der Erkrankung)
[1] Mit Hilfe der Einschätzung des Krankheitsstadiums soll der Schweregrad der Parodontitis-Erkrankung ermittelt werden (Staging). Erhoben werden die 4 Stadien I - IV.
[2] Hierzu ist zunächst anhand des Röntgenbefunds der röntgenologische Knochenabbau in Prozent an dem am stärksten betroffenen Zahn anzugeben. Sollten im Ausnahmefall keine Röntgenbilder zur Ermittlung des Knochenabbaus vorhanden sein, kann mit Hilfe einer Messsonde auch der klinische Attachmentverlust (Clinical Attachment Loss, CAL) erfasst und im Parodontalstatus angeben werden. In den Parodontalstatus werden mittels Ankreuzen die jeweiligen Ausprägungsstufen eingetragen.
[3] Des Weiteren ist für das Staging anamnestisch der Zahnverlust aufgrund von Parodontitis zu erfassen: kein Zahnverlust entspricht Stadium I/II,...