Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. hinreichende Erfolgsaussicht. grundsätzlich zulässige Untätigkeitsklage. Nichteinhaltung der Drei-Monatsfrist. hinreichender Grund. mehrere anhängige Widerspruchs- und Klageverfahren. Mutwilligkeit. Unverhältnismäßigkeit. Kostenrisiko. Forderungshöhe. Beiordnung eines Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
Die Erhebung einer Untätigkeitsklage zur Beschleunigung einer geltend gemachten Forderung in Höhe von 1,71 € mit Beauftragung eines Rechtsanwaltes (und dadurch einem um ein Vielfaches höheren Kostenrisiko) ist unverhältnismäßig und damit mutwillig. Sie wäre von einer verständigen nicht bedürftigen Partei auf eigenes Kostenrisiko nicht zu erwarten; diese würde vernünftigerweise in einem solchen Fall weder eine Klage erheben, noch einen Rechtsanwalt beauftragen.
Orientierungssatz
Die Verwaltung hat einen zureichenden Grund, jedenfalls in Fällen von geringer Bedeutung einen Widerspruchsbescheid erst nach 4 1/2 Monaten zu erlassen, wenn der Kläger die Verwaltung im Monat der Klageerhebung mit einer Vielzahl von Widersprüchen und Klageverfahren (davon 7 Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung) überzogen hat, da sie sonst Gefahr läuft, ihre Verwaltungstätigkeit zu Lasten der übrigen Leistungsempfänger in erster Linie nach den Leistungsempfängern auszurichten, die eine Vielzahl von Verfahren anhängig machen.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 11. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
In dem Beschwerdeverfahren geht es um die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für eine Untätigkeitsklage, der eine abgelehnte Zinsmehrforderung des Klägers in Höhe von 1,71 € zugrunde liegt.
Ursprünglich begehrte der Kläger von der Beklagten die Berücksichtigung des Jahresbeitrages in Höhe von 42,00 € für den Sozialverband VdK Hessen-Thüringen als einkommensmindernde Belastung. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 6. Dezember 2006 ab, half dem Widerspruch des Klägers jedoch mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2007 ab, setzte dies mit Bescheid vom 14. Mai 2007 um und überwies den Betrag von 42,00 € am 15. Mai 2007 auf das Konto des Klägers.
Am 17. Mai 2007 beantragte der Kläger, die aus dem Verfahren entstandenen Kosten und Zinsen (7,7 % aus 55,00 € = 2,97 €) in Höhe von insgesamt 13,37 € festzusetzen.
Mit Bescheid vom 20. Juni 2007 setzte der Beklagte die Zinsen (aus der Hauptforderung von 42,00 € für die Zeit vom 1. August 2006 bis 30. April 2007) auf 1,26 € fest und überwies diesen Betrag. (Die Kostenfestsetzung erfolgte in einem parallelen Bescheid vom selben Tag.)
Hiergegen hat der Kläger am 25. Juni 2007 Widerspruch eingelegt, mit dem er weitere 1,71 € für Zinsen aus der o. a. Hauptforderung begehrt hat.
Am 28. September 2007 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. E. OF., F., beantragt. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2007 hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 11. Februar 2008 hat das Sozialgericht Gießen den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Untätigkeitsklage sei zunächst zulässig gewesen. Bei Prüfung der Erfolgsaussicht sei daneben aber zu prüfen, worauf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Frist beruhe. Dies sei ohne Vorlage der Akten nicht möglich, die sich offenbar zerstreut bei zahlreichen Beschwerde- bzw. Berufungsverfahren beim Hessischen Landessozialgericht befänden. Nachdem zwischenzeitlich der Widerspruchsbescheid erlassen und hiergegen die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage rechtshängig gemacht worden sei (S 20 SO 249/07), sei damit das Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren nach § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entfallen, die Untätigkeitsklage nunmehr unzulässig. Es fehle damit die hinreichende Erfolgsaussicht.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Februar 2008 Beschwerde eingelegt. Der Kläger trägt u. a. vor, der Beklagte habe keine Gründe für eine Fristverlängerung dargetan und auch ihm nicht mitgeteilt. Das Begehren in der Hauptsache biete im Übrigen hinreichende Aussicht auf Erfolg und sei auch keinesfalls mutwillig. Es sei auch nicht zu tolerieren, dass das Gericht erster Instanz die Entscheidung von der Einsicht in die Verwaltungsakten abhängig mache. Die Schaffung einer Chancengleichheit von Bemittelten und Unbemittelten sei ohne die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht herzustellen.
Insbesondere auf Veranlassung des Sozialgerichts habe sich Frau Rechtsanwältin OF. bereits zu den Akten gemeldet, wodurch selbstverständlich bereits Kosten entstanden seien. Es sei deshalb absolut unmöglich, den Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Gießen vom 11. Februar 2008 ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. E. OF. zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich auf den a...