Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Übernahme von Bestattungskosten. Nachrang der Kostenerstattung des Sozialhilfeträgers. Zumutbarkeit. erforderliche Kosten
Leitsatz (amtlich)
1. Ein nach § 74 SGB 12 zur Bestattung Verpflichteter kann eine Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger nur verlangen, wenn er nicht anderweitig Kostenersatz geltend machen kann, denn eine Unzumutbarkeit der Kostentragung kann sich nur ergeben, wenn und soweit ein Verpflichteter von Dritten keinen Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann.
2. Dabei ist es grundsätzlich Aufgabe des Verpflichteten, sich um die Verwirklichung seiner Ansprüche zu kümmern.
3. Soweit nach dieser Maßgabe einem Verpflichteten die Tragung der Bestattungskosten nicht zugemutet werden kann, muss der Sozialhilfeträger die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernehmen.
4. „Erforderlich“ in dem genannten Sinne sind die Kosten für eine würdige, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende einfache Bestattung.
Orientierungssatz
Bei dem Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger gem § 74 SGB 12 handelt es sich um einen sozialhilferechtlichen Anspruch eigener Art, dem nicht entgegensteht, dass die Bestattung bereits vor Unterrichtung des Sozialhilfeträgers durchgeführt worden ist und die Kosten vor seiner Entscheidung beglichen worden sind (vgl BVerwG vom 5.6.1997 - 5 C 13/96 = BVerwGE 105, 51).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 18. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller macht Bestattungskosten für seine 2007 verstorbene Mutter geltend.
Die Mutter wohnte zuletzt im Haus „A.“ in N-Stadt, wo sie auch verstarb. Zu Lebzeiten der Mutter war der Antragsteller im Besitz einer Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht, im Übrigen war für die Mutter in N-Stadt ein Betreuer bestellt worden mit dem Aufgabenkreis „Vermögenssorge, Kontrolle und Überprüfung der Betreuungsführung, die im Rahmen der Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht vom 26.06.1996 erfolgte“.
Am 10.04.2007 kontaktierte der Antragsteller ein Beerdigungsinstitut in N-Stadt und machte am gleichen Tage bei dem Antragsgegner die Übernahme „sämtlicher erforderlicher Kosten für die Bestattung der Mutter“ geltend. Beigefügt war eine Auflistung der bereits entstandenen Kosten, die mit Schreiben vom 13.04.2007 weiter präzisiert und um eine Rechnung für einen Sarg aus Kiefernvollholz sowie der Überführung der Verstorbenen von N-Stadt zum Krematorium in FD. in Höhe von insgesamt 600,95 Euro beigefügt war.
Unter dem 25.04.2007 schrieb der Antragsgegner die beiden Geschwister des Antragstellers an und teilte mit, dass sie als Sohn bzw. Tochter der Verstorbenen vorrangig zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet seien, soweit ihnen die Kostenübernahme zumutbar sei. Der Antragsgegner werde die Kosten der Bestattung aus Sozialhilfemitteln übernehmen, soweit eine Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergebe, dass die Kostentragung nicht zumutbar sei. Der Antragsteller selbst machte mit weiteren Schreiben u.a. vom 19.04.2007 weitere Kosten geltend und vertrat die Auffassung, dass er als Betreuer seiner Mutter für die Abwicklung der Beerdigungsangelegenheiten verantwortlich sei.
Der Antragsgegner errechnete sodann am 03.05.2007 die aus seiner Sicht erforderlichen Kosten für die Beisetzung und berücksichtigte dabei die genannte Rechnung über 600,95 Euro sowie eine weitere Rechnung der Pietät Z. in N-Stadt über 243,95 Euro. Weiterhin wurden öffentlich-rechtliche und sonstige Gebühren wie Nutzung der Leichenhalle, Gebühren für Feuerbestattung, Sterbeurkunde, Portokosten für Trauerkarten, Telefonkosten und Leichenschauschein berücksichtigt. Die erforderlichen Kosten wurden insgesamt mit 1.695,63 Euro beziffert.
Mit Bescheid vom 10.05.2007 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller eine Beihilfe zu den erforderlichen Kosten der Bestattung in Höhe von 553,84 Euro. Zugrunde gelegt wurde dabei der errechnete Gesamtbetrag, der durch drei geteilt wurde. In dem Bescheid wurde ausgeführt, dass der Antragsteller und seine Geschwister gleichzeitig Bestattungsverpflichtete im Sinne des Gesetzes seien. Ein Anspruch auf Kostenübernahme komme nur dann in Betracht, wenn die Kostentragung dem Verpflichteten nicht zugemutet werden könne. Die Prüfung des Antrags des Antragstellers habe ergeben, dass ihm aufgrund seiner wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse die Kostentragung bezüglich seines Ein-Drittel-Anteils nicht zugemutet werden könne, weshalb dieser übernommen werde.
Mit Schreiben vom 18.05.2007 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass er allein Anspruch auf Kostenerstattung habe, da seine Geschwister keine Aufträge erteilt hätten und er auch nicht deren Beteiligung an seinen Aufwendungen verlangen könne. Er sei verpflichtet gewesen, sich kurzfristig um die Bestattung seiner Mutter zu kümmern und sei dabei von ...