Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziales Entschädigungsrecht. Soldatenversorgung. Wehrdienstbeschädigung. Zeitsoldat der NVA. Dienstunfallentschädigung. kein Anspruch auf Behandlungs- und Rehabilitationsleistungen. Gleichbehandlungsgrundsatz

 

Orientierungssatz

1. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, ehemalige Zeitsoldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) hinsichtlich ihrer Versorgungsleistungen (hier in Form von medizinischen Behandlungen, Heil- und Hilfsmitteln, rehabilitierenden, kurativen und berufsfördernden Leistungen) in vollem Umfang ehemaligen Bundeswehrsoldaten gleichzustellen (vgl BSG vom 18.6.1996 - 9 RV 13/95 = SozR 3-8110 Kap XIX B III Nr 5 Nr 1).

2. Dem Gesetzgeber war es zudem verfassungsrechtlich nicht verwehrt, die Entschädigung ehemaliger Wehrpflichtiger der DDR für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in die gesetzliche Unfallversicherung überzuleiten, bei den Dienstunfallentschädigungen der sonderversorgungsberechtigten Zeitsoldaten der NVA dagegen davon abzusehen (vgl BSG vom 17.3.2009 - B 14 AS 15/08 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 20).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.03.2013; Aktenzeichen B 9 V 67/12 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 13. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten darum, ob die beklagte Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, dem Kläger als ehemaligen Soldaten auf Zeit der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR Leistungen in Form von medizinischer Behandlung, Heil- und Hilfsmitteln, rehabilitierenden, kurativen und berufsfördernden Leistungen einschließlich etwaiger Zuzahlungen zu erbringen.

Der 1964 geborene Kläger leistete bei der NVA vom 2. November 1984 bis zum 13. Juni 1987 Wehrdienst als Unteroffizier auf Zeit. Während seiner Dienstzeit erlitt er zehn Tage nach einer stationären Behandlung eine Hautpilzerkrankung, eine Follikulitis und von der Operation analer Feigwarzen eine Becken-Bein-Venenthrombose im linken Bein, infolge dessen der Kläger nunmehr an einem postthrombotischen Syndrom ersten bis zweiten Grades leidet. Die Beklagte bewilligte dem Kläger deshalb ab dem 1. März 1995 eine Dienstbeschädigtenteilrente nach einem festgestellten Körperschaden von 20 % (Bescheid vom 20. Februar 1995). Anstelle dieser zum 31. Dezember 1996 weggefallenen Leistung gewährt der Beklagte dem Kläger seit dem 1. Januar 1997 im Wege der Besitzstandswahrung einen seitdem nach Maßgabe der Verordnungen zur Anpassung des Bemessungsbetrages und von Geldleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (KOV-Anpassungsverordnungen) fortlaufend dynamisierten Dienstbeschädigungsausgleich in Höhe von aktuell rund 119,00 Euro.

Aufgrund einer telefonischen Anfrage des Klägers vom 29. Oktober 2003 wegen der Erstattung der Praxisgebühr von 10,00 Euro sowie einer schriftlichen Anfrage vom 9. November 2003 hinsichtlich der Auswirkungen der Gesundheitsreform teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14. April 2004 mit, die Finanzierung von Rehabilitations- bzw. Sachleistungen für ehemalige Zeit- und Berufssoldaten der NVA sei selbst bei anerkannten Dienstbeschädigungen ausgeschlossen. Der Kläger habe Anspruch auf eine Versorgung nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), auch wenn es sich um Folgen einer Dienstbeschädigung handele. Die Mehraufwendungen würden zudem durch den gewährten Dienstbeschädigungsausgleich ausgeglichen.

Mit Schreiben vom 26. April 2005 beantragte der Kläger die “Überprüfung des Bescheides vom 14. April 2004„ und die Kostenübernahme von Zuzahlungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Heilmittel, medizinische Behandlungen, rehabilitierende, kurative und berufsfördernde Leistungen. Wäre er als Soldat im Grundwehrdienst in der ehemaligen DDR geschädigt worden, würde der Schaden wie ein Arbeitsunfall entschädigt und er erhielte die entsprechenden Leistungen zuzahlungsfrei von der zuständigen Berufsgenossenschaft. Als Wehrdienstleistender der Bundesrepublik Deutschland würde er die Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) bzw. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) erhalten. Damit sei der Gleichheitssatz verletzt, da er im Vergleich zu anderen Personengruppen willkürlich ungleich behandelt werde.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er übernehme keine Kosten für medizinische Behandlungen, Heil- und Hilfsmittel, rehabilitierende, kurative und berufsfördernde Leistungen. Den Widerspruch des Klägers vom 1. August 2005 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2005 zurück. Mit dem Versorgungssystem der NVA würden nur Rentenleistungen getragen, die Finanzierung von Sachleistungen und Behandlungen aus der Kranken- und Unfallversicherung sei dagegen ausgeschlossen. Nach §§ 8, 11 Abs. 1 der Sozialversicherungsordnung der ehemaligen DDR sei Angehörigen von Sonderversorgungssystemen Sachleistungen der Sozialversicherung zu gewähren gewesen. Nur während d...

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