Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Versicherungspflicht. freier Handelsvertreter. selbstständiger Vermögensberater. kein Verstoß der Regelung des § 2 S 1 Nr 9 SGB 6 gegen Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht

 

Orientierungssatz

1. Die Rentenversicherungspflicht der Selbstständigen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein selbstständiger Vermögensberater im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist und ihm selbstständige als nebenberufliche Vermögensberater-Assistenten ("Untervertreter") tätige Mitarbeiter zugeordnet sind.

2. Die Regelung des § 2 S 1 Nr 9 SGB 6 verstößt weder gegen Verfassungsrecht noch gegen EU-Recht. Insbesondere stellt sie keine Beschränkung der freien Berufswahl und eine Inländerdiskriminierung dar (Anschluss an LSG Stuttgart vom 15.3.2005 - L 9 R 3743/03 und an LSG Stuttgart vom 13.5.2005 - L 4 KR 1491/03).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger nach § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) der Versicherungspflicht unterliegt.

Der 1968 geborene Kläger teilte am 26. April 2000 der Beklagten mit, er sei als freier Handelsvertreter für die X. Aktiengesellschaft (X.) tätig und vermittle für ca. 17 unterschiedliche Auftraggeber, die gleichzeitig Kooperationspartner der X. seien. Er selbst halte sich nicht für versicherungspflichtig, beantrage jedoch hilfsweise die Befreiung von der Versicherungspflicht als Existenzgründer (§ 6 Abs. 1 a SGB VI).

Mit Bescheid vom 14. Februar 2001 befreite die Beklagte den Kläger für die Zeit vom 26. April 2000 bis 1. Oktober 2002 von der Versicherungspflicht, da es sich bei der Aufnahme seiner jetzigen Tätigkeit um die erste Existenzgründung handele. Da der Kläger bereits seit 1. Oktober 1999 tätig sei, der Antrag jedoch erst am 26. April 2000 gestellt worden sei, beginne die Befreiung erst mit diesem Tag. Für die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 25. April 2000 bestehe Versicherungspflicht. Nach dem Ende der Befreiung trete die Versicherungspflicht als Selbständiger wieder ein, sofern zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen vorlägen. Hiergegen erhob der Kläger am 16. März 2001 Widerspruch. Mit weiterem Bescheid vom 14. August 2001 berechnete die Beklagte die Beträge für die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 25. April 2000 in Höhe von 2.947,17 DM. Dieser Bescheid wurde Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, dass der Kläger keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige. Auch übe er eine Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nur für die X. aus. Die Produkt- bzw. Kooperationspartner der X. stellten keine eigenständigen Auftraggeber dar.

Hiergegen hat der Kläger am 6. Dezember 2001 bei dem Sozialgericht Fulda Klage erhoben. Er ist insbesondere der Auffassung, dass die vier nebenberuflichen Vermögensberater-Assistenten, die ihm zugeordnet seien, wie Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Satz 1 Ziffer 9 a SGB VI einzustufen seien. Im Übrigen sei er auch für insgesamt 16 Kooperationspartner der X. tätig. Diese seien als eigenständige Auftraggeber anzusehen. Mit Urteil vom 14. Mai 2004 hat das Sozialgericht Fulda die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Bereits der Wortlaut des Gesetzes, der die Begriffe “Arbeitnehmer", “Beschäftigung" und “Versicherungspflicht" verwende, schließe es aus, selbständig tätige Vermögensberater-Assistenten versicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmern gleichzustellen. Auch die Kooperationspartner der X., deren Produkte der Kläger im Rahmen des Vermögensberater-Vertrages vertreibe, könnten nicht als seine “Auftraggeber" im Sinne des Gesetzes angesehen werden. Insbesondere erwerbe der Kläger als Handelsvertreter gegenüber den Kooperationspartnern der X. keine Ansprüche auf eine Gegenleistung für seine berufliche Tätigkeit. Die verdiente Provision zahle vielmehr ausschließlich die X. Einwände gegen die Beitragsberechnung habe der Kläger nicht erhoben. Letztlich bestünden gegen die Vorschrift von § 2 Satz 1 Ziffer 9 SGB VI auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Gegen dieses den Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 26. August 2004 zugestellte Urteil hat er am 27. September 2004 bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.

Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ist er insbesondere der Auffassung, dass die ihm zuarbeitenden Untervertreter als Arbeitnehmer anzusehen seien, die einzelnen Produktpartner seine Auftraggeber seien und die Vorschrift von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sowohl gegen Verfassungs- als auch Europarecht verstoße.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. Mai 2004 sowie die Bescheide vom 14. Februar 2001 und 14. August 2001 in der Gestalt des...

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