Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. Besuch einer Hochschule. Leistungen bei Vorliegen einer besonderen Härte. Ermessensreduzierung auf Null. Eingliederungsleistungen. Freie Förderung. Umgehungs- und Aufstockungsverbot

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Leistungen an Auszubildende (§ 27 Abs 3 SGB II) und dem Anspruch auf Freie Förderung (§ 16f SGB II) im einstweiligen Rechtsschutz.

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 24. Juni 2021 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Der Antrag des Beschwerdeführers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., B-Stadt, zu gewähren, wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes um Ansprüche des Antragstellers auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) sowie auf Förderung des von ihm beabsichtigten Studiums durch den Antragsgegner.

Der 1976 geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsbürger und verfügt über eine Niederlassungserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland, wo er seit dem Jahre 2007 lebt. Er erhielt seit längerem Arbeitslosengeld II von Seiten des Antragsgegners, bis Februar 2019 in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen drei Kindern, ab März 2019 alleine, da die Eheleute nach ihren Angaben dauerhaft getrennt lebten. Allerdings wohnte (und wohnt) der Antragsteller weiterhin in einer von seinem Schwiegervater angemieteten Wohnung unter der gleichen Adresse wie seine Ehefrau und die Kinder. Seit dem 15. Juni 2021 geht der Antragsgegner wieder von einer Bedarfsgemeinschaft aus.

Der Antragsteller verfügt über einen in Nigeria an der University of Uyo erworbenen Studienabschluss als „Bachelor of Science in Accounting“ vom 14. Oktober 1998, der aber in Deutschland bislang nicht anerkannt wurde. In Deutschland absolvierte er von 2016 bis 2019 eine Ausbildung als KFZ-Mechatroniker. Allerdings wurde ihm mit Bescheid der Handwerkskammer C-Stadt vom 27. Februar 2021 über das Ergebnis der zweiten Wiederholungsprüfung der Gesellenprüfung mitgeteilt, dass er diese und somit die Gesellenprüfung endgültig nicht bestanden habe. Nach einem Gutachten des medizinischen Dienstes des Antragsgegners vom 21. Februar 2021 kann der Antragsteller für einen Zeitraum von voraussichtlich bis zu sechs Monaten nur drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten; hinzu kommen qualitative Leistungseinschränkungen, insbesondere auf überwiegend leichte Arbeiten.

Nachdem ihm der Antragsgegner zuletzt Arbeitslosengeld II bis 31. März 2021 bewilligt hatte, beantragte der Antragsteller unter dem 1. März 2021 die Weiterbewilligung von Leistungen für die Folgezeit. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte er dem Antragsgegner mit, dass er zum 1. April 2021 ein Studium an der Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM) in C-Stadt aufnehmen wolle, und beantragte hierfür die „Genehmigung“. Das Studium sei möglich, weil dort sein in Nigeria erworbener Studienabschluss anerkannt werde. Für das englischsprachige Studium zum „Master of Arts - Business Management“ werde eine Studiengebühr von 650,- Euro monatlich fällig. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 86 der digitalen Verwaltungsakte des Antragsgegners (va.xxx.xxx_xxxxx1_band 2 von 2 - im Folgenden: VA 2/2 -) Bezug genommen.

Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei dem Antragsgegner am Folgetag erklärte der Antragsteller nach einem durch den Antragsgegner zu dem Gespräch gefertigten Vermerk, dass er beabsichtige, das Studium durch Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFöG) zu finanzieren. In dem Termin wurden Förderungsmöglichkeiten wie die Erteilung eines Bildungsgutscheins oder eine freie Förderung erörtert. Der Inhalt des Gesprächs im Einzelnen ist zwischen den Beteiligten streitig. Eine schriftliche Zusicherung einer künftigen Förderung erfolgte nicht. Auf VA 2/2 Bl. 11 f. wird verwiesen.

Der Antragsteller legte anschließend bereits unterzeichnete Studienverträge mit der HdWM vor, wonach er ab dem 1. April 2021 einen ein Semester dauernden Vorkurs für den Masterstudiengang besuchen und den Masterstudiengang selbst ab 1. Oktober 2021 an der HdWM absolvieren werde. Auf VA 2/2 Bl. 56 ff. wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 21. März 2021 teilte er dem Antragsgegner unter anderem mit, Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz beantragt zu haben. In einem weiteren persönlichen Gespräch der Beteiligten am 25. März 2021 wurden erneut Förderungsmöglichkeiten erörtert; allerdings wies der Antragsgegner den Antragsteller nach dem zu dem Gespräch gefertigten Vermerk bereits darauf hin, dass eine Förderung des Studiums nicht möglich sei. Auf Nachfrage erk...

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