Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. Besuch einer Hochschule. abstrakte Förderungsfähigkeit nach BAföG. Nichtvorliegen einer besonderen Härte. Eingliederungsleistungen. Freie Förderung. Umgehungs- und Aufstockungsverbot

 

Orientierungssatz

1. Die Aufnahme eines Studiums an einer staatlich anerkannten privaten Hochschule, das nach BAföG abstrakt förderungsfähig ist, steht der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 7 Abs 5 SGB 2 entgegen.

2. Allein die Tatsache, dass eine Ausbildung wegen fehlender Förderung nicht fortgeführt werden kann, stellt noch keinen Härtefall im Sinne des § 27 Abs 3 SGB 2 dar. Nur wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die es unzumutbar erscheinen lassen, dem Hilfebedürftigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu verweigern, kommt eine besondere Härte nach § 27 Abs 3 S 1 SGB 2 in Betracht.

3. Zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine freie Förderung des Studiums gemäß § 16f SGB 2.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über Ansprüche des Antragstellers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) sowie auf Förderung seines Studiums durch den Antragsgegner nach den Vorschriften des SGB II.

Der 1976 geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsbürger und verfügt über eine Niederlassungserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland. In der Zeit vom 01.03.2019 bis 31.03.2021 erhielt er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II durch den Antragsgegner. Schon vor diesem Bezugszeitraum bezog er in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen drei Kindern Leistungen nach dem SGB II. Inzwischen leben die Ehegatten dauerhaft getrennt, die Kinder leben bei der Mutter.

Der Antragsteller verfügt über einen in Nigeria erworbenen Studienabschluss „Bachelor in Accounting“, der aber in Deutschland bislang nicht anerkannt wurde.

In Deutschland absolvierte er von 2016 bis 2019 eine Ausbildung als KFZ-Mechatroniker. Allerdings wurde ihm mit Bescheid der Handwerkskammer C-Stadt vom 27.02.2021 mitgeteilt, dass er die zweite Wiederholungsprüfung der Gesellenprüfung nicht bestanden und somit die Gesellenprüfung endgültig nicht bestanden hatte.

In einem Gutachten des medizinischen Dienstes des Antragsgegners vom 21.02.2021 wurde eine voraussichtlich bis zu sechs Monate anhaltende verminderte Leistungsfähigkeit festgestellt, nach dem Gutachten kann der Antragsteller nur 3 bis unter 6 Stunden täglich arbeiten.

Mit Antrag vom 01.03.2021 beantragte der Antragsteller die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 01.04.2021.

Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte der Antragsteller dem Antragsgegner mit, dass er zum 01.04.2021 ein Studium an der Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM) in C-Stadt aufnehmen wolle und beantragte die „Genehmigung“. Das Studium sei möglich, weil dort sein in Nigeria erworbener Studienabschluss anerkannt werde. Für das Studium zum „Master of Arts - Business Management“ werde eine Studiengebühr von 650,00 Euro monatlich fällig.

In einem persönlichen Termin beim Antragsgegner am 02.03.2021 erklärte der Antragsteller, dass er beabsichtige, das Studium durch Leistungen nach dem BAföG zu finanzieren. Ein Studienkredit der KfW sei nicht möglich, da er die Altersgrenze überschreite. In dem Termin wurden Förderungsmöglichkeiten, wie die Möglichkeit eines Bildungsgutscheins oder eine freie Förderung erörtert. Eine schriftliche Zusicherung einer künftigen Förderung erfolgte nicht.

Der Antragsteller legte bereits unterzeichnete Studienverträge mit der HdWM vor, wonach er ab dem 01.04.2021 einen ein Semester dauernden Master-Vorkurs besuchen und ab 01.10.2021 an der HdWM studieren wird.

Mit Schreiben vom 21.03.2021 teilte der Antragsteller dem Antragsgegner mit, Leistungen nach dem BAföG beantragt zu haben.

In einem weiteren persönlichen Gespräch der Beteiligten am 25.03.2021 wurden erneut Förderungsmöglichkeiten erörtert, der Antragsgegner stellte aber die Ablehnung der Anträge des Antragstellers in Aussicht. Auf Nachfrage erklärte der Antragsteller, dass er beabsichtige, das Studium aufzunehmen.

Nach erfolgter Anhörung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30.03.2021 den Antrag des Antragstellers auf Übernahme der Kosten für das Studium ab. Die Förderung über einen Bildungsgutschein gem. § 16 SGB II i.V.m. § 81 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) sei nicht möglich, da die HdWM weder für die Förderung zugelassen noch nach der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung zertifiziert sei. Auch eine freie Leistung nach § 16f SGB II sei abzulehnen. Zur Begründung der Ablehnung verwies der Antr...

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