Verfahrensgang

SG Gießen (Beschluss vom 05.03.2001; Aktenzeichen S 1 U 1721/99)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 5. März 2001 – Az.: S 1 U 1721/99 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene (§ 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch statthafte (§ 172 SGG) Beschwerde, der das Sozialgericht Gießen (SG) nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet. Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob das SG berechtigt war, das Hauptsacheverfahren durch Beschluss vom 5. März 2001 nach § 114 Abs. 2 SGG auszusetzen, in dem es um die Beitragsveranlagung der Klägerin nach dem für die Jahre 1998 bis 2000 gültigen Gefahrtarif der Beklagten geht.

Die Aussetzung eines Klageverfahrens nach § 114 Abs. 2 SGG steht im Ermessen des Kammervorsitzenden (Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, Anm. 5 zu § 114 SGG). Eine Aussetzung soll wegen Anhängigkeit eines Musterverfahrens in der Regel nicht erfolgen. Handelt es sich jedoch um sog. Massenverfahren – wie beispielsweise die gegen den vorgenannten Gefahrtarif 1998 der Beklagten von einer Vielzahl von Arbeitnehmerüberlassungsfirmen angestrengten Klageverfahren – erlaubt § 93 a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Durchführung von Musterverfahren unter Aussetzung der übrigen Verfahren. Der Grundsatz der Prozessökonomie rechtfertigt ein gleichartiges Vorgehen auch für den Bereich der Sozialgerichte (Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 7 a). Wie dem Schriftsatz der Beklagten vom 13. September 2001 zu entnehmen ist, wird auch in Hessen ein Musterverfahren durchgeführt.

Die Entscheidung des SG stellt sich als ermessensfehlerfrei dar. Sie enthält eine sorgfältige Abwägung der für die Ermessensentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte (zu diesem Erfordernis: OLG Düsseldorf in NJW 1980, 2534; Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 5 zu § 114 SGG). Die Entscheidungskompetenz, welche Verfahren als Musterverfahren betrieben und welche ausgesetzt werden, liegt dabei entsprechend der Regelung des § 93 a VwGO nicht bei den Beteiligten sondern bei Gericht. Die zuvor gebotene Anhörung der Beteiligten hat das SG durchgeführt. Die Bedenken der Klägerin, bei Durchführung eines Musterverfahrens unter Aussetzung ihres Verfahrens nicht mit allen Argumenten gehört zu werden, greifen nicht durch. Zum einen haben die Sozialgerichte im Rahmen des Grundsatzes der Amtsermittlung die Rechtmäßigkeit des streitigen Gefahrtarifs unter allen relevanten Gesichtspunkten zu überprüfen. Zum anderen hat die Klägerin Gelegenheit, nach Abschluss des Musterverfahrens eventuelle Besonderheiten ihrer Beziehung zur Beklagten im auf Antrag wieder aufzunehmenden Klageverfahren geltend zu machen. In Anbetracht dessen war die im Ermessen des Kammervorsitzenden stehende Aussetzungsentscheidung nicht zu beanstanden.

Gegen den Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1402459

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