Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Abschluss eines Aufhebungsvertrags während der Elternzeit. keine Bedrohung durch Arbeitgeberkündigung. kein wichtiger Grund. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Schließt eine Arbeitnehmerin während der Elternzeit einen Aufhebungsvertrag bezüglich eines bestehenden Arbeitsverhältnisses, kann sie sich nicht auf einen wichtigen Grund berufen, so lange ihr nicht zum konkreten Beendigungszeitpunkt eine arbeitgeberseitige Kündigung gedroht hat.
2. Der besondere Kündigungsschutz des § 18 BEEG wird nicht dadurch unterlaufen, dass eine Arbeitnehmerin ihrer freien Entscheidung zu einer vorzeitigen Aufgabe des Arbeitsverhältnisses unter Abwägung der Interessen der Versichertengemeinschaft eine Sperrzeit hinnehmen muss.
Orientierungssatz
Hierin ist auch keine Verletzung des Art 6 GG zu erkennen, der zwar Ehe und Familie unter den besonderen staatlichen Schutz stellt bzw der Mutter einen speziellen Fürsorgeanspruch zur Seite stellt, damit aber weder Vorgaben für die Art und Weise bietet, noch jedwede Ungleichbehandlung verbietet (vgl BVerfG vom 24.1.1962 - 1 BvL 32/57 = BVerfGE 13, 290 und BSG vom 12.2.1998 - B 10/4 LW 9/96 R = BSGE 81, 294 = SozR 3-5868 § 1 Nr 1).
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. März 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten für das erstinstanzliche Verfahren zu erstatten. Darüber hinaus haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch die Verhängung einer 6-wöchigen Sperrzeit streitig.
Die 1977 geborene Klägerin war als Versicherungskauffrau bei der CI-AG vom 1. September 1993 bis zum 31. Dezember 2007 beschäftigt. Aufgrund der Geburt ihres ersten Kindes 2003 befand sich die Klägerin vom 18. Juli 2003 bis zum 24. Oktober 2003 in Mutterschutz und anschließend in Elternzeit. In diesen Zeitraum fällt auch die Geburt ihres zweiten Kindes 2005, woraufhin sie erneut Mutterschutz in Anspruch nahm und im Anschluss in die Elternzeit ging. Am 16. Oktober 2007 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten zum 1. Januar 2008 arbeitslos und gab als Begründung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses an, dass der Arbeitgeber eine Umstrukturierung plane und die Niederlassung FF. geschlossen werde. Die Arbeitsplätze würden nach AO. und BF. verlegt. Aufgrund der Kinder und der Beschäftigung ihres Ehemannes sei eine Verlegung der Arbeitsstätte ihr nicht möglich, da der Ehemann eine feste Anstellung in FF. habe.
Laut der seitens der Beklagten eingeholten Arbeitgeberauskunft bei der CI. AG vom 6. Dezember 2007 hatte die Klägerin einen Aufhebungsvertrag am 1. Juni 2007 unterzeichnet, der die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit Ablauf des Jahres 2007 vorsah sowie den Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 67.349,00 Euro beinhaltete. In einem weiteren seitens der Personalabteilung der CI. AG ausgefüllten Fragebogen wurde angegeben, dass der Klägerin konkret und unmittelbar eine arbeitgeberseitige Kündigung nicht gedroht hätte, wenn sie dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht zugestimmt hätte. Des Weiteren gab der Arbeitgeber der Klägerin an, dass die Klägerin unkündbar gewesen sei und eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen gewesen sei. Dies habe auf der Elternzeit beruht, in der sich die Klägerin gerade befunden habe. Anderenfalls sei sie ordentlich kündbar gewesen.
Durch Bescheid vom 20. Dezember 2007 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit nach § 144 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) vom 1. Januar 2008 bis zum 24. März 2008 fest mit der Begründung, dass die Klägerin ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Firma CI. AG selber durch Abschluss des Aufhebungsvertrages gelöst habe und die von ihr vorgetragenen Gründe nicht ausreichend nachgewiesen oder dargelegt worden seien. Die Sperrzeit dauere 12 Wochen und mindere den Anspruch auf Arbeitslosengeld um 90 Tage und damit ein Viertel der Anspruchsdauer. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch am 4. Januar 2008 ein, den sie damit begründete, dass ihr bisheriger Arbeitgeber ca. 5000 Stellen abgebaut habe. Zwar hätte der Arbeitgeber keine Kündigung aussprechen können, ihr sei aber nahegelegt worden, den Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Anderenfalls wäre es zu einer Versetzung oder verhaltensbedingten Kündigung gekommen. In diesem Fall hätte sie keine sozialverträgliche Abfindung erhalten. Auch trage das Einkommen ihres Ehemannes nicht unwesentlich zum Unterhalt der Familie bei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Durch die Zustimmung zum Aufhebungsvertrag habe die Klägerin eine wesentliche Ursache für die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gesetzt wobei ein wichtiger Grund nicht erkennbar sei. Das Arbeitsverhältnis wäre ohne Unterzeichnu...