Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Zugrundelegung eines geänderten Geburtsdatums
Orientierungssatz
1. Bei der Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Zugrundelegung eines geänderten Geburtsdatums hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 33a SGB 1 die Anknüpfung an das wahre Geburtsdatum aufgegeben und das im Geltungsbereich des SGB für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig definiert.
2. Ist ein Schreibfehler nicht nachzuweisen, so darf nach § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB 1 von dem erstangegebenen Geburtsdatum nur dann abgewichen werden, wenn eine Urkunde mit einem früheren Geburtsdatum vorliegt, deren Original vor der ersten Angabe des Geburtsdatums ausgestellt worden ist.
3. § 33a Abs. 2 SGB 1 verstößt nicht gegen europarechtlich vorrangige Vorschriften.
4. Der Gesetzgeber hat nicht alle möglicherweise geeigneten Beweismittel zum Nachweis für das Vorliegen eines unrichtigen Geburtsdatums zugelassen, sondern nur den Urkundenbeweis. Infolgedessen ist das Gericht nicht verpflichtet, ein altersdiagnostisches Gutachten einzuholen.
Tenor
I. |
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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. November 2013 wird zurückgewiesen. |
II. |
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Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. |
III. |
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Die Revision wird nicht zugelassen. |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Zugrundelegung eines geänderten Geburtsdatums.
Die in der Türkei geborene Klägerin kam 1999 in die Bundesrepublik Deutschland. Ab dem 1. Dezember 1999 wurden für sie erstmals rentenrechtliche Zeiten verzeichnet. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten vergab seinerzeit aufgrund der vorgelegten Unterlagen am 14. April 2000 die Versicherungsnummer xx 220181 xxx auf Grundlage eines Geburtsdatums am 22. Januar 1981. Dieses Datum entsprach dem seinerzeit im türkischen Pass der Klägerin ausgewiesenen Geburtsdatum.
Durch rechtskräftigen Beschluss des türkischen Zivilgerichts in K... vom 5. Juli 2004 wurde das Geburtsdatum der Klägerin von 22. Januar 1981 in 9. Dezember 1978 geändert. Das geänderte Geburtsdatum wurde in der Folge in den türkischen Pass sowie in den Bundespersonalausweis der Klägerin übernommen. Am 22. Dezember 2004 und erneut am 31. Oktober 2008 beantragte die Klägerin unter Vorlage ihres Reisepasses bei der Beklagten die Änderung ihrer Versicherungsnummer unter Berücksichtigung ihres Geburtsdatums vom 9. Dezember 1978, was jeweils durch die Beklagte abgelehnt wurde.
Am 3. März 2009 beantragte die Klägerin erneut die Änderung ihrer Versicherungsnummer. Sie legte hierzu eine Bescheinigung des “C. Ausbildungs- und Forschungskrankenhaus für Frauen- und Kinderkrankheiten„ vom 13. Januar 2009 vor, wonach Frau X.D. am 9. Dezember 1978 um 22.30 Uhr unter der Protokollnummer 12345 ein lebendiges Baby weiblichen Geschlechts auf die Welt gebracht habe. Die Geburtsurkunde sei ihrem Original entsprechend am 13. Januar 2009 neu ausgestellt worden.
Mit Bescheid vom 4. Juni 2009 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin erneut ab mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 33a Sozialgesetzbuch - Erstes Buch (SGB I) seien nicht erfüllt. Die Versicherungsnummer sei entsprechend der ursprünglichen Angaben der Klägerin erstellt worden.
Hiergegen legte die Klägerin am 29. Juni 2009 Widerspruch ein und legte ergänzend eine Bescheinigung des türkischen Einwohnerbuches mit dem Ausstellungsdatum 30. September 2009 vor. Danach sei aufgrund des Beschlusses des Zivilgerichts Nr. 4 der ersten Instanz in K... vom 5. Juli 2004 das Geburtsdatum der Klägerin von 22. Januar 1981 in 9. Dezember 1978 geändert worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, für in der Türkei geborene Versicherte sei eine Änderung der Versicherungsnummer regelmäßig nur nach Vorlage des Auszuges aus dem türkischen Einwohnerbuch (Nüfus) vorzunehmen. Dabei seien nur Eintragungen von Bedeutung, die vor der ersten Angabe des Geburtsdatums bei einem deutschen Sozialversicherungsträger erfolgt seien. Vor dem 14. April 2000, der Vergabe der Versicherungsnummer, ausgestellte Urkunden, die das Geburtsdatum 22. Januar 1981 als unzutreffend und das Geburtsdatum 9. Dezember 1978 als zutreffend feststellen, seien von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Aus dem vorgelegten Auszug des Einwohnerbuches gehe hervor, dass das Geburtsdatum 22. Januar 1981 erst durch den rechtskräftigen Beschluss des Zivilgerichts Nr. 4 der ersten Instanz in K... vom 6. August 2004 in das Geburtsdatum 9. Dezember 1978 geändert worden sei.
Daraufhin erhob die Klägerin am 24. Juni 2010 Klage vor dem Sozialgericht Gießen und legte ergänzend erneut eine Geburtsbescheinigung der “C. Frauen- und Kinderklinik, Ausbildungs- und Forschungskrankenhaus„ ausgestellt am 11. Januar 2011 vor, nach der Frau X.D. am 9. Dezember 1978 eine Tochter zur Welt gebracht hat. Aus dem beili...