Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags eines freiwilligen Mitglieds der Krankenversicherung, dessen Ehegatte privat krankenversichert ist

 

Orientierungssatz

1. Nach § 223 Abs. 2 S. 1 SGB 5 ist der Krankenversicherungsbeitrag des Versicherten nach dessen beitragspflichtigen Einnahmen zu bemessen. Bei einem freiwilligen Mitglied der Krankenversicherung ist nach § 240 Abs. 1 S. 2 SGB 5 dessen gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Bei Mitgliedern, deren Ehegatten nicht einer gesetzlichen Krankenkasse angehören, setzen sich die beitragspflichtigen Einnahmen des Versicherten aus den eigenen Einnahmen und den Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners zusammen.

2. Die Anrechnung eines Familieneinkommens ist zulässig und verfassungsgemäß. Der Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG begründet keine Verpflichtung des Normgebers, das höhere Einkommen des privat krankenversicherten Ehegatten eines freiwillig versicherten Mitglieds der gesetzlichen Krankenversicherung außer acht zu lassen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 08.03.2018; Aktenzeichen B 12 KR 89/17 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 18. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung des Einkommens des privat versicherten Ehegatten der Klägerin bei der Festsetzung ihrer Beiträge zur Krankenversicherung streitig.

Die Klägerin, geboren 1952, bezieht als ehemalige Beamtin (Besoldungsgruppe A8) seit April 1997 Versorgungsbezüge des Landes Hessen. Sie ist seit dem 1. Januar 2012 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert.

Der Ehemann der Klägerin bezieht ebenfalls als ehemaliger Beamter (Besoldungsgruppe A13) Versorgungsbezüge des Landes Hessen und ist privat krankenversichert.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 9. Januar 2015 die von der Kläger ab 1. Januar 2015 zu zahlenden monatlichen Beiträge u.a. zur Krankenversicherung auf 358,48 € fest. Bei dieser Beitragsfestsetzung berücksichtigte die Beklagte erstmals zusätzlich zu den Versorgungsbezügen der Klägerin in Höhe von 1.558,28 € die Einnahmen des Ehemanns in Form des Familieneinkommens in Höhe von 784,85 €. Zuvor zahlte die Klägerin im Jahr 2014 nach der Beitragsfestsetzung auf der Grundlage ihrer Versorgungsbezüge (Bescheid vom 9. Januar 2014) Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 231,59 €.

Auf den Widerspruch der Klägerin reduzierte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Februar 2015 die Beiträge der Klägern ab 1. Januar 2015 zur Krankenversicherung auf 316,66 €, dabei legte die Beklagte der Beitragsfestsetzung nunmehr ein zusätzliches Familieneinkommen in Höhe von 504,22 € zugrunde.

Auch dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Es sei zweifelhaft, ob die einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwillig versicherter Mitglieder durch die Regelungen des GKV-Spitzenverbandes rechtmäßig seien. Auch habe der Spitzenverband mit diesen Grundsätzen ausschließlich zu Gunsten der gesetzlichen Krankenkassen entschieden. Dies sei weder gerecht noch sozial und könne nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen. Wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig versicherten Mitglieds zu berücksichtigen sei, müsse für den Fall, dass die Einkünfte des freiwillig versicherten Mitglieds höher seien als die Einnahmen seines Ehegatten ebenfalls ein Familieneinkommen gebildet werden. Davon wäre dann ebenfalls nur die Hälfte beitragspflichtig und führe zu niedrigen Einnahmen des freiwillig versicherten Mitglieds. Es könne auch nicht rechtens sein, dass vom Einkommen des Ehegatten für jedes gemeinsame Kind ein Abzug erfolge, für einen Ehegatten jedoch kein Abzugsbetrag zugestanden werde. Ebenfalls sei nicht berücksichtigt worden, in welcher Höhe ihr Ehegatte Beiträge zur seiner Krankenversicherung zahle. Zudem zahle ihr Ehemann für sie zusätzliche Beiträge.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2015 zurück. Die Klägerin sei verpflichtet, monatliche Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von 316,66 € zu entrichten. Auf der Grundlage von § 240 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Krankenversicherung (SGB V) habe der GKV-Spitzenverband die "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedsgruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) erlassen. Danach seien bei der Einstufung auch die Einnahmen des Ehegatten zu berücksichtigten, wenn dieser nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sei. Der Beitragsfestsetzung werde in diesem Fall die Hälfte der nachgewiesenen monatlichen Einnahmen beider Ehegatten bis zur Hälfte der jeweiligen monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2015: 4.125,00 €: 2 = 2.062,50 €) zugrunde gelegt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge