Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Pflegeversicherung. häusliche Pflege. Entlastungsbetrag. Hilfen bei der Haushaltsführung. Erfordernis der landesrechtlichen Anerkennung
Orientierungssatz
1. Zum Streit über den Anspruch eines privat Pflegeversicherten auf Zahlung des Entlastungsbetrags für Angebote zur Entlastung im Haushalt aufgrund der vereinbarten versicherungsrechtlichen Bestimmungen iVm § 45b Abs 1 S 3 Nr 4 SGB 11 und § 45a Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 11 bei einem festgestellten Pflegegrad 1.
2. Dass eine Haushaltshilfe seit Jahren den Haushalt des Versicherten führt und aufgrund jahrelanger Tätigkeit mutmaßlich über die Kenntnisse einer ausgebildeten Hauswirtschafterin verfügt, ersetzt nicht die formale, in der Verordnung zur Gewährleistung eines Qualitätsstandards vorgesehene Qualifikation.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 14. Februar 2020 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte haben Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Anspruch des Klägers auf Zahlung des Entlastungsbetrags für Angebote zur Entlastung im Haushalt aufgrund der zwischen ihnen vereinbarten versicherungsrechtlichen Bestimmungen i.V.m. § 45b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und § 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI).
Der 1946 geborene Kläger lebt in häuslicher Gemeinschaft in einem Einfamilienhaus. Dort arbeitet seit etwa eineinhalb Jahrzehnten Frau D. als Haushaltshilfe. Der Kläger ist in der privaten Pflegeversicherung bei dem Beklagten versichert. Auf seinen Antrag vom 29. März 2017 erfolgte am 1. August 2017 die Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch die Firma E. GmbH, medizinischer Dienst der privaten Pflegeversicherungen (BI. 17-31 der von dem Beklagten vorgelegten Aktenbestandteile - VA). Als private Pflegeperson wurde Frau H. M. angegeben (VA Bl. 25). Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Summe der gewichteten Punkte 18,75 betrage (VA BI. 27). Mit Schreiben vom 12. September 2017 gab der Beklagte eine Leistungszusage ab für die ambulante Pflege u.a. „der für nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a SGB XI“, beginnend am 24. März 2017 und bewilligte den Pflegegrad 1 (VA BI. 10).
Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 6. Dezember 2017 zudem Folgendes mit (BI. 8 VA):
„Obwohl uns keine landesrechtliche Regelung für die Anerkennung einer privaten Pflegeperson hinsichtlich Betreuungsleistungen vorliegt, werden wir entgegenkommend eine private Pflegeperson anerkennen, sofern diese einen Kurs für pflegende Angehörige absolviert hat.
Kosten für diese Betreuungsleistungen können über den Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI erstattet werden. Erbringt die private Pflegeperson Entlastungsleistungen, d.h., Leistungen, die der Entlastung im Alltag dienten, wie Hilfen bei der Haushaltsführung (s.§ 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XI), ist dafür eine Anerkennung als Nachbarschaftshelfer nicht möglich, es sei denn, die landesrechtliche Verordnung regelt etwas anderes.
Wir bieten Ihnen für die Pflegeperson eine Schulung und Beratung an. Entsprechend der individuellen Pflegesituation würden spezielle theoretische und praktische Abläufe vermittelt, um eine bestmögliche Versorgungsform zu erreichen.“
Auf die von dem Kläger vorgelegten Abrechnungsquittungen seiner „Putzhilfe Frau D.“ über jeweils 62,50 Euro vom 26. Januar, 31. Januar, 2. Februar, 7. Februar, 9. Februar und 14. Februar 2018 teilte der Beklagte dem Kläger in einer Abrechnung vom 19. März 2018 (BI. 1 VA) mit, dass Aufwendungen für Putzhilfen nicht erstattungsfähig seien. Mit Schreiben vom 18. April 2018 (Gerichtsakte Bl. 4) teilte der Beklagte nochmals mit, dass die vorgelegten Abrechnungsquittungen Leistungen zur Hilfe bei der Haushaltsführung beträfen und dem Beklagten landesrechtliche Verordnungen, nach denen diese zu erstatten wären, nicht bekannt seien.
Am 7. Mai 2018 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Marburg Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er würde eine Nachbarin als hauswirtschaftliche Hilfskraft engagieren wollen für die ihm von dem Beklagten zugebilligten 125,00 Euro monatlich. Er habe dem Beklagten mitgeteilt, dass es in B-Stadt keinen Pflegedienst gebe, der im Rahmen des Pflegegrades 1 die hauswirtschaftliche Versorgung vornehme, da keine Kapazitäten vorhanden seien. Der Beklagte könne nicht Versicherungsbeiträge von dem Kläger kassieren, ihm den Pflegegrad 1 bewilligen und ihm dann erklären, dass er die Leistungen nicht in Anspruch nehmen könne. Etwa im Januar 2018 habe eine Schulung von Frau D, teilweise in Anwesenheit des Klägers, stattgefunden.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Rechnungen der Haushaltshilfe des Klägers bis zu einer ...