Entscheidungsstichwort (Thema)
Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Parodontosebehandlung eines Vertragsarztes
Orientierungssatz
1. Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung. Über die Frage, ob der Vertragszahnarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind, entscheiden nach § 106 Abs. 1 und 5 S. 1 SGB 5 die Prüfgremien.
2. Deren Prüfung beschränkt sich nicht auf die sachlich-rechnerische Überprüfung. Sie umfasst auch die ordnungsgemäße Anwendung der einschlägigen Richtlinien. Ob eine Parodontose-Behandlung den dazu ergangenen Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen entsprochen hat und deshalb gfs. nicht abrechnungsfähig ist, obliegt den für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständigen Gremien.
3. Der vertragszahnärztlichen Dokumentation kommt u. a. die Funktion zu, das Ergebnis der Vorbehandlung sowie den Befundstatus vor Beginn der Parodontose-Behandlung zu dokumentieren und zu belegen; davon hängt ab, ob eine Parodontosebehandlung notwendig und damit wirtschaftlich ist oder gfs. bereits die Vorbehandlung erfolgreich war.
4. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Parodontosebehandlung entfällt auch dann nicht, wenn die jeweilige Krankenkasse die Behandlung genehmigt hat. War die Behandlung insgesamt unwirtschaftlich, so ist die Absetzung des vollen Honorars gerechtfertigt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 30. August 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten auch des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen Ziff. 1 und 3 bis 6 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in 6 Parodontose-Behandlungsfällen (im Folgenden: PAR-Behandlungsfällen) im Zeitraum Oktober 2008 bis August 2009 in Höhe von insgesamt 2.352,43 € (AOK-Versicherte).
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis und bestand im streitgegenständlichen Zeitraum aus zwei zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassenen Zahnärzten (Herr Dr. D. und Frau E.).
Die zu 2) beigeladene AOK Hessen beantragte am 29. September 2009 die Prüfung der PAR-Behandlungen in 6 Behandlungsfällen im Zeitraum Oktober 2008 bis August 2009.
Die Gemeinsame Prüfungsstelle der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen lud die Klägerin zu einer Prüfsitzung am 17. August 2010 unter Beifügung einer Liste mit 6 Behandlungsfällen. An der Prüfsitzung nahm die Klägerin nicht teil.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2011 setzte die Prüfungsstelle in den 6 Behandlungsfällen eine Honorarberichtigung in Höhe von 2.372,39 € fest, die sie unter Berücksichtigung der HVM-Einbehalte auf 2.352,43 € reduzierte. In allen 6 Behandlungsfällen setzte sie die komplette PAR-Behandlung ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 30. März 2011 Widerspruch ein, den sie nicht weiter begründete.
Der beklagte Gemeinsame Beschwerdeausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen lud die Klägerin mit Schreiben vom 18. April 2012 zu einer Prüfsitzung am 12. Juni 2012, an der für die Klägerin Frau E. und ihr Rechtsbeistand teilnahmen.
Mit Beschluss vom 12. Juni 2012, ausgefertigt am 24. Oktober 2012 und den Prozessbevollmächtigten zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung hat er auf den Beschluss mit dem Az. xxxxx vom gleichen Tag Bezug genommen und weiter ausgeführt, die Überprüfung habe erhebliche Dokumentationsmängel ergeben. Die Leistung nach Nr. 111 Bema (Nachbehandlungen) sei in allen Behandlungsfällen nur unzureichend dokumentiert worden. In den überwiegenden Behandlungsfällen fehlten in den ärztlichen Aufzeichnungen Einträge bzgl. der Röntgenbefunde sowie der angewandten Therapieart. Der Vermerk "Reizfaktoren entfernt" habe mangels weitergehender Aufzeichnungen nicht nachvollzogen werden können. Die Befunderhebung und Diagnosen gehörten zur Dokumentation. Auffällig sei in einigen Fällen auch die Diskrepanz zwischen Datum auf dem PAR-Plan und Angaben in den ärztlichen Unterlagen gewesen. Im Übrigen verweise er zu den Anforderungen einer richtlinienkonformen Behandlung, die nicht immer beachtet worden seien, auf die umfangreichen Ausführungen im Bescheid der Prüfungsstelle. Ferner begründete er die Absetzung der einzelnen Behandlungsfälle.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. November 2011 Klage bei dem Sozialgericht Marburg (SG) erhoben, die sie nicht begründet hat.
Das SG hat die Klägerin mit gerichtlicher Verfügung vom 9. Juli 2013 auf die fehlende Erfolgsaussicht der Klage hingewiesen und die Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. August 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 12. Juni 2012 sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Widerspruchs. Die Krankenkassen und...