Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme der Arbeitslosenhilfebewilligung für die Vergangenheit. Überzahlung durch Verwaltungsfehler. Währungsumstellung. grob fahrlässige Unkenntnis. Erkennbarkeit
Orientierungssatz
1. Wenn der Arbeitslose einen Bescheid über die rückwirkende Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vor der Währungsumstellung und innerhalb weniger Tage einen zweiten Bewilligungsbescheid für die Zeit nach der Euro-Umstellung erhalten hat, so ist aufgrund der besonderen Umstände aus Sicht jeder vernünftigen Person davon auszugehen, dass diese beiden Bescheide miteinander verglichen worden sind oder dass jedenfalls der Bescheid mit den Euro-Beträgen besonders geprüft wurde. Es liegt daher grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit iS des § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB 10 vor, wenn der Arbeitslose ausführt, ihm sei nichts aufgefallen, obwohl es augenfällig war, dass sich das Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe trotz der Euro-Umstellung nicht verändert hat und dies ein offenkundiges Versehen war.
2. Selbst wenn ein entsprechender Vergleich der Bescheide bzw die Überprüfung dieser unterblieben sein sollte, ist Bösgläubigkeit iS von § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB 10 gegeben, da dem Arbeitslosen spätestens beim Blick auf die Kontoauszüge hätte auffallen müssen, dass nach der Währungsumstellung fast doppelt so viel Geld gezahlt worden ist.
Nachgehend
Tenor
I. |
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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 8. November 2004 wird zurückgewiesen. |
II. |
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Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. |
III. |
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Die Revision wird nicht zugelassen. |
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich in dem vorliegenden Rechtsstreit gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe und die Rückforderung des überzahlten Betrages.
Die Klägerin erhält seit längerer Zeit mit Unterbrechungen Leistungen von der Beklagten. Vom 01.03.2001 bis zum 04.12.2001 bezog sie Arbeitslosengeld, ab dem 05.12.2001 bis zum 31.12.2001 gewährte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 09.01.2002 rückwirkend Arbeitslosenhilfe in Höhe von 275,87 DM wöchentlich. Dabei wurde ein Bemessungsentgelt von 650,00 DM wöchentlich zugrunde gelegt.
Durch einen weiteren Bescheid vom 11.01.2002 (im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils heißt es wohl versehentlich 10.01.2002) bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab dem 01.01.2002 in Höhe von 224,70 Euro wöchentlich aufgrund eines Bemessungsentgelts in Höhe von 650,00 Euro wöchentlich.
Nachdem die Klägerin im November 2002 die Fortzahlung von Arbeitslosenhilfe beantragte, bemerkte die Beklagte, dass bei der Währungsumstellung von DM auf Euro ein Fehler unterlaufen war dergestalt, dass der frühere DM-Betrag für das Bemessungsentgelt (650,00 DM) nicht in Euro umgerechnet worden war, sondern dass derselbe Betrag in Euro (650,00 Euro) zugrunde gelegt worden war. Dies hatte dazu geführt, dass vom 01.01.2002 bis zum 04.12.2002 eine wöchentliche Arbeitslosenhilfe in Höhe von 224,70 Euro anstelle von 140,28 Euro an die Klägerin ausgezahlt wurde. Nach vorheriger Anhörung hob die Beklagte durch Bescheid vom 12.02.2003 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den genannten Zeitraum teilweise auf und forderte den überzahlten Betrag in Höhe von 4.076,28 Euro zurück. Hiergegen legte die Klägerin am 21.02.2003 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2003 zurückgewiesen wurde. Ein Zustellungsnachweis diesbezüglich befindet sich nicht bei den Akten.
Mit am 02.04.2003 bei dem Sozialgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin gegen die genannten Bescheide Klage erhoben. Zur Begründung führte sie aus, sie habe die Überzahlung nicht verursacht und habe auch darauf vertrauen dürfen, dass der in dem Bewilligungsbescheid ausgewiesene Betrag ordnungsgemäß ermittelt worden sei. Sie habe auch weder positive Kenntnis von der Unrichtigkeit des Bewilligungsbescheides gehabt, noch sei ihr grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen. Sie sei in rechtlichen Fragen nicht bewandert, die falschen Beträge in Bezug auf Bemessungsentgelt und Auszahlung seien ihr nicht als fehlerhafte Angaben aufgefallen. Hinzu komme noch, dass sie im Januar 2002 noch die Nachzahlung für den Zeitraum vom 02.12.2001 bis zum 31.12.2001 erhalten habe, es sei also nicht so gewesen, dass plötzlich höhere Beträge ausgezahlt worden seien. Die Klägerin trägt weiterhin vor, sie sei selbständig tätig und habe kurz vor Erhalt des streitgegenständlichen Bewilligungsbescheides ihre Umsatzzahlen bezüglich ihrer Tätigkeit dem Arbeitsamt vorgelegt. Sie sei davon ausgegangen, dass die von ihr vorgelegten Zahlen entsprechend berücksichtigt worden seien und in dem erstellten Bescheid ihren Niederschlag gefunden hätten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.11.2004 abgewiesen. Das Urteil wurde der Klägerin am 03.12.2004 zugestellt. Mit am 27.12.2004 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Berufung eingelegt un...