Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Einkommensermittlung. Bemessungszeitraum. Kalendermonate mit Bezug von Mutterschaftsgeld. keine Verschiebung gegen den Willen des Elterngeldberechtigten. Beschränkung des Bemessungseinkommens auf im Inland zu versteuernde Einkünfte. Verfassungsrecht. Gleichheitssatz
Orientierungssatz
1. Die Beschränkung des für die Einkommensermittlung maßgeblichen Einkommens auf im Inland zu versteuernde Einkünfte gemäß § 2 Abs 1 Satz 3 BEEG widerspricht nicht dem Verfassungsrecht (vgl BSG vom 20.5.2014 - B 10 EG 2/14 R = SozR 4-7837 § 2 Nr 27).
2. Die Regelung des § 2b Abs 1 S 2 BEEG (Verschiebung der Kalendermonate, in denen Mutterschaftsgeld bezogen worden ist), ist im Wege einer telelogischen Reduktion dahingehend einzuschränken, dass sie nicht gegen den ausdrücklich erklärten Willen des berechtigten Elternteils angewendet werden kann (vgl BSG vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 = BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10 zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG).
3. Dabei steht dem elterngeldberechtigten Elternteil allerdings lediglich die Wahl zwischen Anwendung und Nichtanwendung der Vorschrift des § 2b Abs 1 S 2 BEEG zu, nicht jedoch die Berücksichtigung lediglich einzelner Kalendermonate, die an sich unberücksichtigt bleiben.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 19. Juni 2015 wird zurückgewiesen
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des für die Zeit vom 19. Oktober 2012 bis 18. Oktober 2013 zu zahlenden Elterngeldes nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig. Dabei ist insbesondere die Berücksichtigung von Einkommen im Bemessungszeitraum streitig, das aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Japan nicht der deutschen Einkommensteuerpflicht unterlag.
Die 1977 geborene Klägerin und ihr 1977 geborener Ehemann, C. A., sind Eltern des 2012 geborenen Kindes D. Sie stellten am 25. Oktober 2012 Antrag auf Elterngeld und bestimmten für die Klägerin als Bezugszeitraum den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes (Ehemann: 13. und 14. Lebensmonat). Aus einem Schreiben der BKK E. vom 30. Oktober 2012 geht hervor, dass die Klägerin für die Zeit vom 28. August bis 14. Dezember 2012 Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 € kalendertäglich bezogen hat. Ergänzend legte die Klägerin Gehaltsabrechnungen der FA. für die Monate August 2011 bis September 2012 vor. In einem Begleitschreiben vom 24. September 2012, vorgelegt zusammen mit dem Formularantrag, erklärte die Klägerin den Verzicht auf Ausklammerung der Zeit des Bezugs von Mutterschaftsgeld hinsichtlich des Monats August 2012 mit dem Begehren, diesen Monat bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen.
Durch Bescheid vom 26. November 2012 bewilligte der Beklagte Elterngeld für die beantragten Lebensmonate und damit für die Zeit vom 19. Oktober 2012 bis 18. Oktober 2013 unter Berücksichtigung des Bezugs von Mutterschaftsgeld (0 € für den 1. Lebensmonat, 79,56 € für den 2. Lebensmonat und jeweils 596,76 € für den 3. bis 12. Lebensmonat). Dabei berücksichtigte der Beklagte als Bemessungszeitraum die Monate August 2011 bis Juli 2012 und führte zur Höhe aus, das der Klägerin zustehende Elterngeld belaufe sich angesichts eines durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommens im Bemessungszeitraum von 752,53 € auf den Betrag von 596,76 € (67 % + 12,3 %) monatlich. Für die Monate August 2011 bis Januar 2012 berücksichtigte der Beklagte kein Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit, für Februar 2012 1.323,60 € brutto, für März 2012 2.558,97 € brutto und für April bis Juli 2012 jeweils 2.649,84 € brutto.
Die Klägerin erhob Widerspruch am 7. Dezember 2012 und machte geltend, ihre Einkünfte in den Monaten September 2011 bis Januar 2012 und im August 2012 seien unzutreffend nicht berücksichtigt worden. Eine etwaige Steuerfreiheit nach §§ 3 ff. Einkommensteuergesetz (EStG) schließe die Berücksichtigung von Einkommen nicht aus. Zwar habe sie Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, das teilweise auch im Ausland versteuert worden sei. Dennoch müsse auch dieses Einkommen bei der Berechnung des Elterngeldes Berücksichtigung finden. Soweit § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BEEG als Voraussetzung für die Berücksichtigung regele, dass das Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit im Inland versteuert worden sei, verstoße die Regelung gegen den Gleichheitssatz sowie gegen den Schutz der Familie aus Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und sei deshalb nichtig. Bei verfassungskonformer Auslegung sei das gesamte Nettoeinkommen der Monate September 2011 bis August 2012 der Berechnung des Elterngeldes zu Grunde zu legen (September 2011: 2.106,70 €, Oktober 2011: 2.044,14 €, November 2011: 3.573,47 €, Dezember 2011: 1.936,87 €, Januar 2012: 1.956,37 €, Februar 2012: 1.602,67 €, März 2012: 1.950,03 €, April und Mai 2012: jeweils 1.706,44 €, Jun...