Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen einer festgestellten Sperrzeit bzw. einer ungenehmigten Ortsabwesenheit

 

Orientierungssatz

1. Hat der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 159 Abs. 1 S. 1 SGB 3 für die Dauer einer Sperrzeit.

2. Der Arbeitslose hat sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichen kann. Anderenfalls ist die Verfügbarkeit des Arbeitslosen nicht gegeben.

3. Für die hinreichende Bestimmtheit eines Aufhebungsbescheides nach § 48 SGB 10 genügt es, wenn aufgrund der konkreten Benennung des von der Aufhebung betroffenen Zeitraumes aus der Sicht des Betroffenen kein Zweifel am Inhalt des von der Behörde Verfügten bestehen kann.

4. Ist aufgrund einer festgestellten Sperrzeit bzw. einer ungenehmigten Ortsabwesenheit des Arbeitslosen in den Verhältnissen, die bei Erlass des Arbeitsengeld-Bewilligungsbescheides vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten, so ist die Leistungsbewilligung nach § 330 Abs. 3 SGB 3 i. V. m. § 48 SGB 10 aufzuheben.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 30.11.2016; Aktenzeichen B 11 AL 73/16 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts von Sperrzeiten sowie über die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) wegen einer Ortsabwesenheit.

Der 1951 geborene, seit 1996 verheiratete Kläger meldete sich am 30. September 2010 persönlich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Mit seiner Unterschrift unter dem formularmäßigen Leistungsantrag (Verwaltungsakte der Beklagten - im Folgenden: VA - Bl. 3) bestätigte der Kläger, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe. In der Zeit vom 1. Juni 1991 bis zum 30. September 2010 war der Kläger, der in Ägypten und Deutschland Maschinenbau studiert hat, als Area Manager Middle East bei der D. GmbH in D-Stadt beschäftigt, wobei das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber zunächst außerordentlich sowie nachgehend nochmals ordentlich zum 30. April 2011 gekündigt wurde (VA Bl. 24 + 25), wogegen der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage vorging.

Mit Bescheid vom 4. November 2010 (VA Bl. 36) gewährte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld nach § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III vorläufig, da zunächst das Gerichtsurteil abzuwarten sei. Gleichzeitig zeigte sie dem früheren Arbeitgeber gegenüber den Anspruchsübergang nach § 115 SGB X an. Für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 2. November 2010 wurde zudem das Ruhen des Anspruchs aufgrund einer Urlaubsabgeltung festgestellt (VA Bl. 46).

In der Folgezeit forderte die Beklagte den Kläger auf, am 4. Juli 2011 bei ihr zu erscheinen, um mit ihm über sein Bewerberangebot bzw. seine berufliche Situation zu sprechen (VA Bl. 92). Zu dem Termin am 4. Juli 2011 erschien der Kläger jedoch nicht. Daraufhin forderte die Beklagte den Kläger am 6. Juli 2011 erneut schriftlich auf, am 13. Juli 2011 bei ihr zu erscheinen, um mit ihm über seine Leistungsangelegenheiten zu sprechen (VA Bl. 94). Da er der Einladung vom 4. Juli 2011 nicht nachgekommen sei, seien die Leistungen vorläufig eingestellt worden (§ 331 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Bei dem Termin am 13. Juli 2011 habe er Gelegenheit, sich zu dem versäumten Termin zu äußern. Das Einladungsschreiben enthielt auf seiner Rückseite eine Rechtsfolgenbelehrung. Auch zu diesem Termin erschien der Kläger nicht. Daraufhin forderte die Beklagte den Kläger am 18. Juli 2011 erneut schriftlich auf, am 25. Juli 2011 bei ihr zu erscheinen. Auch dieses Schreiben enthielt auf seiner Rückseite eine Rechtsfolgenbelehrung (VA Bl. 96). Auch zu diesem Termin erschien der Kläger nicht.

Mit Änderungsbescheid vom 26. Juli 2011 hob die Beklagte daraufhin die Bewilligung von Arbeitslosengeld gem. § 117 SGB III für die Zeiträume vom 5. bis 11. Juli 2011, vom 14. bis 20. Juli 2011 und vom 26. Juli bis 1. August 2011 aufgrund des Eintritts von jeweils einwöchigen Sperrzeiten wegen Meldeversäumnissen des Klägers unter Hinweis auf §§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB III, § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X und § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III auf. Gleichzeitig wurde die (grundsätzliche) Leistungsgewährung bis 28. Juli 2011 befristet und als Grund der Befristung "Beendigung der Arbeitslosigkeit wegen fehlender Verfügbarkeit" angegeben.

Mit weiterem Bescheid vom 26. Juli 2011 (VA Bl. 89) hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 29. Ju...

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