Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenzahlung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts. anderweitige Verfügung

 

Orientierungssatz

Ein Geldinstitut haftet bereits vor Eingang des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträgers für Eingriffe in den Rentenschutzbetrag, wenn es zuvor Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten hat (Festhaltung an LSG Darmstadt vom 19.2.2013 - L 2 R 262/12).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.02.2016; Aktenzeichen B 13 R 25/15 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. März 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III. Der Streitwert wird auf 1.702,61 € festgesetzt.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rücküberweisung von über den Tod einer Berechtigten hinaus gezahlten Rentenbeträgen.

Die 2012 verstorbene Rentnerin C. C. bezog Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes D. C. sowie eine Rente aus eigener Versicherung. Die Renten wurden auf das Konto der Rentnerin bei der Beklagten überwiesen. Am 28. November 2012 teilte der Rentenservice der Klägerin mit, dass die Rentnerin C. am x.. x. 2012 verstorben sei. Überzahlt worden seien für den Monat Dezember 2012 772,18 € an Witwenrente sowie 930,43 € an Rente aus eigener Versicherung. Mit Schreiben vom 17. Januar 2013 forderte die Klägerin von der Beklagten den überzahlten Betrag in Höhe von 772,18 € zurück. Hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 29. Januar 2013 mit, der Kontostand habe zum Zeitpunkt des Renteneingangs am 30. November 2012 1.690,77 € betragen. Bei Eingang der Rückforderung habe der Kontostand 71,14 € am 29. Januar 2013 betragen. Einen Rückruf seitens des Postrentenservices habe die Beklagte nicht erhalten. Sie habe am 4. Dezember 2012 Kenntnis vom Tod der Rentenberechtigten erhalten. Es seien Bargeldabhebungen am Geldautomaten erfolgt. Verfügungsberechtigt über das Konto der Rentnerin sei Dr. E. C. gewesen. Die Beklagte legte Kontoauszüge zum Konto der C. C. vom 30. November 2012 bis 28. Januar 2013 vor. Mit Schreiben vom 17. Januar 2013 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten zusätzlich die Rückforderung der für Dezember 2012 gezahlten Versichertenrente geltend. Mit Schreiben vom 29. Januar 2013 und 5. März 2013 forderte die Klägerin von der Beklagten die Überweisung des Gesamtbetrages in Höhe von 1.702,61 € (772,18 € + 930,43 €). Die Beklagte lehnte die Rücküberweisung mit Schreiben vom 7. März 2013 ab, weil zum Zeitpunkt der Rückforderung kein ausreichendes Guthaben auf dem Konto mehr vorhanden gewesen sei, aus welchem eine Rücküberweisung habe erfolgen können.

Am 26. März 2013 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage gegen die Beklagte. Die Beklagte habe sich hinsichtlich der Verfügungen ab dem 5. Dezember 2012 auf Auszahlung berufen. Zu diesem Zeitpunkt habe sie jedoch nach eigenen Angaben bereits Kenntnis vom Tod der Berechtigten gehabt. Die Verfügungen ab dem 5. Dezember 2012 seien somit keine den Rücküberweisungsanspruch mindernden anderweitigen Verfügungen. Die Beklagte könne sich nicht auf Auszahlung berufen. Es bestehe ein Rücküberweisungsanspruch in Höhe von insgesamt 1.702,61 €.

Mit Urteil vom 20. März 2014 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte, an die Klägerin 1.702,61 € zu zahlen. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Sozialgericht aus, soweit ein Geldinstitut vor Kenntnis des Rückforderungsverlangens und somit vor Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Rentenleistung im Rahmen banküblicher Kontoführung anderweitige Verfügungen ausgeführt habe, solle es den Ausfall des Rentenversicherungsträgers nicht ersetzen müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen bis zum Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsbegehrens so zu verstehen, dass sie auf der unterstellten Unkenntnis des Geldinstituts vom Tod des Leistungsberechtigten beruhe, weil ein Geldinstitut bis zum Eingang des Rücküberweisungsverlangens typischerweise weder vom Ableben des Kontoinhabers noch vom Vorbehalt zugunsten des Rentenversicherungsträgers wisse. Der Grund für die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen entfalle aber dann, wenn die dem Geldinstitut als fehlend unterstellte Kenntnis des gesetzlichen Vorbehaltes ausnahmsweise doch vorliege, so dass es ihn zu beachten in der Lage sei, wenn es also vom Ableben des Rentenempfängers bereits vor dem Rücküberweisungsverlangen des Rentenversicherungsträgers gewusst habe und zu einer entsprechenden Prüfung Anlass bestanden hätte (Hess. Landessozialgericht, Urteil vom 19. Februar 2013, Az.: L 2 R 262/12). Diese Rechtsansicht werde inzwischen von einer Vielzahl von Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit vertreten. Dem Bankinstitut würden auch keine unzumutbaren Prüfpflichten auferlegt. Lediglich bei Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers sei...

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