Entscheidungsstichwort (Thema)
BSG-Rechtsprechung zur Ermittlung des angemessenen Unterkunftsbedarfs nach § 22 Abs. 1 SGB 2
Orientierungssatz
1. Bei der Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB 2 ist in einem ersten Schritt die angemessene Grundfläche einer Wohnung oder eines Eigenheimes festzustellen. Dabei ist typisierend auf die für Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße nach § 10 WoFG abzustellen (Anschluss an BSG, Urteil vom 07. November 2006, B 7b AS 18/06 R).
2. In einem weiteren Schritt ist der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Unterkunft nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Der qm-Preis des räumlichen Vergleichsraums mit diesem Standard ist zu ermitteln. Dazu sind grundsätzlich alle erreichbaren Erkenntnisquellen heranzuziehen, die methodisch geeignet sind und eine Aussagekraft haben. In Betracht kommen vor allem örtliche Mietspiegel.
3. Gibt es keinen örtlichen Mietspiegel und genügen die eigenen Datenquellen des Leistungsträgers nicht den Ansprüchen an die statistische Ermittlung, sind die tatsächlichen Unterkunftskosten bis zur Höhe der durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte im Sinne von § 8 WoGG bzw. § 12 WoGG zu übernehmen. In Betracht kommt ein Zuschlag von 5 bis 10% (Anschluss an BSG, Urteile vom 18. Februar 2010, B 14 AS 73/08 R und vom 26. Mai 2011, B 14 AS 132/10 R).
4. Nach diesen Grundsätzen waren für vier Personen in einer Stadt im Vordertaunus in den Jahren 2006 bis Februar 2008 keine höheren Unterkunftskosten als (die geleisteten) 620 € angemessen (errechnet: 599,50 € bei einer angemessenen Wohnungsgröße von 84 qm, Mietenstufe 4 nach der Tabelle zu § 8 WoGG und Erhöhung um 10%).
Tenor
I. Die Berufungen der Kläger gegen die Urteile des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. Februar 2008 und 2. September 2009 werden zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten im Zeitraum von März 2006 bis August 2006 und von Oktober 2006 bis Februar 2008.
Der 1975 geborene Kläger bewohnt seit 1. November 2004 mit seiner Lebensgefährtin und den Kindern C. (geboren 1998) und D. (geb. 2004) eine 94,7 m² große Wohnung in A-Stadt. Die Wohnung wurde im Jahre 1957 erstellt und im Jahre 2000 saniert. Die Miete betrug monatlich 742,77 € zuzüglich 132,00 € Betriebskosten. Die Betriebskosten wurden ab November 2005 auf 93,80 € monatlich abgesenkt (Gesamt = 836,57 € monatlich).
Auf seinen Antrag vom 22. Februar 2005 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 3. Mai 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II. Dabei wurden die Kosten der Unterkunft in der tatsächlichen Höhe übernommen.
Leistungen nach dem SGB II bezogen die Kläger bis einschließlich April 2008.
Mit Schreiben vom 3. Mai 2005 teilte der Beklagte dem Kläger mit, die Unterkunftskosten seien zu hoch, und forderte ihn zu Mietsenkungsmaßnahmen auf. Die angemessene Miete einschließlich Nebenkosten betrage 620,00 € (zuzüglich Heizkosten). Die überhöhten Mietkosten würden bis längstens 31. Oktober 2005 übernommen. Tatsächlich wurden diese Mietkosten in Höhe von zuletzt 836,57 € bis einschließlich Februar 2006 bezahlt.
Mit Bescheid vom 8. Februar 2006 (Zeitraum März 2006 bis August 2006) senkte der Beklagte die Kosten der Unterkunft auf insgesamt 702,00 € ab (Miete und Betriebskosten = 620,00 €; Heizung = 100,00 €; abzüglich 18,00 € Warmwasser). Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2006 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 21. März 2006 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben (Az.: S 43 AS 294/06).
Mit Bescheid vom 21. August 2006 (Zeitraum September 2006 bis Februar 2007) erfolgte die gleiche Bewilligung. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2006 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 7. November 2006 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben (Az.: S 5/58 S 1059/06). Dieses Verfahren ist noch bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main anhängig.
Der Heizkostenanteil wurde für den Zeitraum ab Oktober 2006 auf 212,00 € erhöht.
Wegen Schwankungen im Einkommen des Klägers ergingen in der Folgezeit weitere Bescheide.
Mit Bescheiden vom 2. Oktober 2006 und 6. Oktober 2006 erfolgte eine Änderung für den Zeitraum Oktober 2006 bis Februar 2007. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2006 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 19. Januar 2007 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben (Az. S 26 AS 69/07).
Mit Bescheid vom 6. Dezember 2006 erfolgte eine weitere Änderung für den Zeitraum November 2006 bis 28. Februar 2007. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbe...