Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Bankinstituts bei Rückforderungsbegehren des Rentenversicherungsträgers nach Tod des Versicherten
Orientierungssatz
1. Nach § 118 Abs. 3 SGB 6 gelten Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie zurückzuüberweisen, wenn sie als zu Unrecht erbracht zurückgefordert werden, es sei denn, bei Eingang der Rückforderung wurde bereits anderweit verfügt. Dies wiederum gilt dann nicht, wenn die Rückforderung aus einem Guthaben erfolgen kann.
2. Für die Haftung des Bankinstituts ist entscheidend auf den Eingang des Rückforderungsbegehrens des Rentenversicherungsträgers beim Bankinstitut abzustellen. Das gilt aber dann nicht, wenn es vom Tod des Rentenempfängers bereits vor dem Rücküberweisungsverlangen des Rentenversicherungsträgers gewusst hat und zu einer entsprechenden Prüfung Anlass gehabt hätte, vgl. BSG, Urteil vom 22. April 2008 - B 5a/4 R 79/06.
3. Weist das Konto des Versicherten zu diesem Zeitpunkt noch ein Guthaben auf, das den Rentenzahlbetrag übersteigt, dann haftet das Bankinstitut für die nach Kenntniserlangung vom Tod des Versicherten vorgenommenen Eingriffe in den Rentenschutzbetrag.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid desSozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juni 2012 aufgehoben. DieBeklagte wird verurteilt, der Klägerin 801,55 € zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 801,55 € festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rücküberweisung vonRentenbeträgen in Höhe von 801,55 €.
Der Versicherte QQ. bezog von der Klägerin eine Rente. Am 27.August 2009 verstarb der Versicherte. Für den Monat September 2009trat eine Rentenüberzahlung in Höhe von 801,55 € ein. ZumZeitpunkt des Todes des Versicherten wies sein Konto bei derBeklagten ein Guthaben in Höhe von 4.005,00 € auf. NachAngaben der Klägerin wurde mit Schreiben vom 8. September 2009 derBetrag von 801,55 € durch die Deutsche Post AG, NiederlassungRentenservice, von der Beklagten zurückgefordert. Zur Zeit dieserRückforderung befanden sich auf dem Konto des verstorbenenVersicherten 2.392,00 € sowie 1.579,00 €. Mit Schreibenvom 17. November 2009 erinnerte die Klägerin die Beklagte an dasRückforderungsbegehren vom 8. September 2009. Daraufhin teilte dieBeklagte der Klägerin mit Schreiben vom 26. November 2009 mit, siehabe seit 10. September 2009 Kenntnis vom Tod desRentenberechtigten gehabt. Das Konto sei von derkontoverfügungsberechtigten Person WW. am 9. November 2009aufgelöst worden. Die Beklagte legte entsprechende Kontounterlagenvor. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2009 forderte die Klägerin vonder Beklagten noch einmal ausdrücklich die Rücküberweisung desüberzahlten Rentenbetrages. Die Beklagte habe seit 10. September2009 Kenntnis vom Tod des verstorbenen Versicherten gehabt. Hierausergebe sich, dass sie sich hinsichtlich der Verfügungen, die nachdem 10. September 2009 ausgeführt worden seien, nicht aufanderweitige Verfügungen berufen könne. Die Beklagte seirücküberweisungspflichtig. Die Beklagte erklärte sich nicht bereit,dem Rückforderungsbegehren zu entsprechen.
Am 4. Februar 2010 erhob die Klägerin vor dem SozialgerichtFrankfurt am Main Klage, mit der sie die Verurteilung der Beklagtenzur Rückzahlung von 801,55 € geltend machte. Hierbei stütztesich die Klägerin auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 22.April 2008 (B 5a/4 R 79/06 R). Auf Anfrage des Gerichts teilte dieKlägerin mit, dass eine Zweitschrift der Mitteilung vom 8.September 2009 nicht vorgelegt werden könne. Der Zugang bei derBeklagten könne nicht nachgewiesen werden.
Nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz(SGG) wies das Sozialgericht die Klage durch Gerichtsbescheid vom6. Juni 2012 ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus,die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der geforderten801,55 €, weil die Beklagte sich erfolgreich auf eineEntreicherung berufen könne. Bei Eingang desRückforderungsschreibens der Klägerin am 26. November 2009 (einfrüherer Zugang könne von der insoweit beweispflichtigen Klägerinnicht nachgewiesen werden), sei aufgrund von Verfügungen Dritterkein Guthaben mehr vorhanden gewesen bzw. sei das Konto durch dieverfügungsberechtigte WW. bereits aufgelöst worden. Die Beklagtekönne sich auch trotz Kenntnis vom Tod des Versicherten seit dem10. September 2009 auf die nach diesem Zeitpunkt ausgeführtenVerfügungen, die den Schutzbetrag auf Null reduziert hätten,berufen. Es gebe bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung zuder Frage, ob und wenn ja, welche Konsequenzen sich aus einerKenntnis der Bank vom Tode des Versicherten ergäben. Das von derKlägerin zitierte Urteil des BSG betreffe eine andere Problematik.Auch erschließe sich nicht, warum sich aus § 118 Abs. 3Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) ergeben solle, dass sich die Bank nur...