Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. betriebliches oder privates Interesse. Dienstreise. Tagungsprogramm. unverbindliches Begleitprogramm. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Teilnahmemöglichkeit. Führungskräfte-Tagung. freiwilliges Skifahren
Leitsatz (amtlich)
Für eine Aktivität, die im Rahmen einer (Führungskräfte-)Tagung einem abgrenzbaren, freiwilligen Freizeitprogrammteil zuzuordnen ist, besteht kein Versicherungsschutz.
Orientierungssatz
1. Zur Anerkennung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall ist u. a. erforderlich, dass der Versicherte im Zeitpunkt des Unfallereignisses eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände bestätigt wird.
2. Eine Teilnahme von Beschäftigten an Gemeinschaftsveranstaltungen kann der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden, wenn die Veranstaltung im Interesse des Unternehmens liegt und wie die eigentliche Arbeitstätigkeit selbst betrieblichen Zwecken dient.
3. Damit von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgegangen werden kann, ist eine bestimmte Mindestbeteiligung erforderlich.Der Zuordnung einem als Gemeinschaftsveranstaltung gedachten Skifahren zur betrieblichen Ebene steht entgegen, wenn der Teilnehmerkreis auf Führungskräfte des Unternehmens beschränkt ist.
4. Durch eine Beschränkung lediglich auf Führungskräfte kann der für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung verlangte Zweck, die Verbundenheit der möglichst gesamten Belegschaft mit der Unternehmensleitung zu fördern, nicht erreicht werden.
5. Um als der Gemeinschaft dienend beurteilt zu werden, ist erforderlich, dass die Veranstaltung allen Beschäftigten offensteht. Richtet sich das Angebot des Unternehmens ausschließlich an Skifahrer, so besteht kein Unfallversicherungsschutz während der Veranstaltung.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung des Skiunfalls vom 25. Januar 2013 als Arbeitsunfall streitig.
Der 1966 geborene Kläger bekleidet bei der Firma CX. GmbH & Co KG (im Folgenden: CX.) die Funktion des Leiters Zentrale Kundenbearbeitung. Die europaweit agierende Arbeitgeberin vertreibt ein Tank- und Servicekartensystem für den gewerblichen Bereich zur Unterwegsversorgung von Nutzfahrzeugflotten. In dem Unternehmen waren Anfang 2013 ca. 280 Arbeitnehmer beschäftigt, davon 220 in der Hauptverwaltung in D-Stadt. Für Führungskräfte aus dem In- und Ausland führt die Firma regelmäßig Veranstaltungen unterschiedlichen Inhalts durch. An der "Tagung E." vom 23. Januar 2013 bis zum 26. Januar 2013 nahm auch der Kläger teil. Der Programmablauf gestaltete sich wie folgt:
Mittwoch 23.01.13
Anreise Teilnehmer bis zum Abend
19:00 h Gemeinsames Abendessen im Hotelrestaurant
Donnerstag 24.01.13
Tagung lt. Agenda der Geschäftsführung
19:00 h Treffen in der Lobby und Spaziergang vom Hotel zur Alten F. (ca. 5 Min.) und dort gemeinsames Abendessen, danach zurück zum Hotel
Freitag 25.01.13
08:30 h Für die Skifahrer:
Abfahrt vom Hotel zur Piste (mit den vorhandenen Firmen-PKW’s)
Für die Nicht-Skifahrer:
Vormittag zur freien Verfügung bzw. für eigene Aktivitäten wie z.B. Schlittenfahren, Schlittschuhlaufen, Langlaufen, Spaziergang um den See, (Berg-)Wanderungen u.a.
12:45 h Treffen in der Lobby und Spaziergang (ca. 15. Min.) zur G-Hütte
13:00 h Brotzeit mit Hausspezialitäten in der G-Hütte
max. 14:45 Rückweg zum Hotel
15:00 - 17:00 h Eisstockschießen am Hotel Danach freie Verfügung (z.B. für Wellness, Sauna etc. im Hotel)
19:00 h Treffen in der Lobby und Abfahrt vom Hotel mit den Pferdeschlitten zum H. (ca. 30 Min.)
19:30 h Einstimmung mit Lagerfeuer und Hüttentee vor dem H.
20:00 h Hüttenabend im H. mit Bajuwaren-Hut-Essen Abschließend Fackelwanderung zurück zum Hotel (ca. 30 Min)
Samstag 26.01.13
Frühstück und Abreise
An der Tagung nahmen insgesamt 18 Führungskräfte, davon sechs aus dem Ausland, teil. An dem für den 25. Januar 2013 ab 8:30 Uhr vorgesehenen Programmpunkt für Skifahrer nahmen insgesamt 14 Personen teil, davon waren neun alpine Skifahrer, fünf betrieben Langlauf. Vier Teilnehmer verblieben an dem Morgen im Hotel bzw. gingen spazieren.
Der Kläger stürzte am 25. Januar 2013 beim Skifahren und zog sich diverse Verletzungen zu. Den Durchgangsarzt Prof. Dr. J. von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Frankfurt am Main konsultierte er am 28. Januar 2013, der die Diagnosen Schulterluxation links mit dislozierter Tuberkulum-majus-Fraktur und Bankart-Läsion, Thoraxprellung rechts sowie leichte Gesichtsprellung mit Schürfwunde am Nackenrücken stellte. Die Arbeitgeberin legte der Beklagten am gleichen Tage eine Unfallanzeige vor.
Mit Bescheid vom 25. April 2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 25. Januar 2013 als Arbeitsunfall und...