Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. GmbH-Geschäftsführer. Minderheitsgesellschafter. umfassende Sperrminorität. kein Stimmrecht hinsichtlich seiner etwaigen Abberufung aus wichtigem Grund (Satzungsbestimmung). abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Einer umfassenden Sperrminorität des Minderheitsgesellschafters - Geschäftsführers einer GmbH steht nicht entgegen, dass nach einer Satzungsbestimmung die Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann, wenn die Sperrminorität im Übrigen alle Angelegenheiten der GmbH umfasst.

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. Januar 2017 und die Bescheide der Beklagten vom 22. Oktober 2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Juni 2013 teilweise aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Kläger zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) ab 9. Juli 2013 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren sowie 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger im Klageverfahren zu tragen. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Klägerin zu 2) ab 9. Juli 2013 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Der Kläger zu 1) ist Kraftfahrzeugmechaniker und war als selbstständiger Unternehmer im Online-Handel tätig. Er war bis Juni 2009 bei der Beigeladenen zu 2) gesetzlich krankenversichert und bei der Beigeladenen zu 3) pflegeversichert. Seitdem ist er bei einem privaten Versicherungsunternehmen kranken- und pflegeversichert. Mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 18. Dezember 2009 gründete er zusammen mit Herrn D. die zu 2) klagende Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Auf das Stammkapital in Höhe von EUR 25.000,00 übernahmen der Kläger zu 1) einen Geschäftsanteil von EUR 10.000,00 (40 %) und Herr D. einen Geschäftsanteil von EUR 15.000,00 (60 %). Gegenstand des im Handelsregister beim Amtsgericht Hanau (Registerblatt xxx1) eingetragenen Unternehmens ist der Handel mit Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge im Internet sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Dienst-, Service- und Werkleistungen. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 18. Dezember 2009 wurde Herr D. zum alleinigen, alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer bestellt.

Dem Kläger zu 1) war auf der Grundlage eines Anstellungsvertrags vom 1. Januar 2011 in dem Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 12. März 2012 die verantwortliche Leitung als System- und Webadministrator und die organisatorische und personelle Leitung des Versandwesens der Klägerin zu 2) übertragen. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 13. März 2012 wurde der Kläger zu 1) mit Wirkung zum 21. März 2012 zum weiteren alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer der Klägerin zu 2) bestellt.

Grundlage der Tätigkeit des Klägers zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) ist der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag (GF-Vertrag) vom 21. März 2012. Danach führt er die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrags und des Anstellungsvertrags (§ 1 GF-Vertrag). Er ist, auch wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, alleingeschäftsführungs- und alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (§ 8 GF-Vertrag). An eine bestimmte Arbeitszeit ist er nicht gebunden, hat jedoch zur Verfügung zu stehen, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert (§ 9 GF-Vertrag). In § 2 GF-Vertrag wurde ein festes Grundgehalt in Höhe von monatlich 1.000,00 €, ein 13. Monatsgehalt zahlbar mit der Novembervergütung und für das jeweilige Geschäftsjahr eine Tantieme in Höhe von 15 % des Jahresüberschusses vor Steuern und nach Verrechnung eines vorhandenen Verlustvortrages, jedoch begrenzt auf 25 % des Bruttoeinkommens vereinbart.

Am 3. Mai 2012 beantragten die Kläger bei der Beklagten im Rahmen des Anfrageverfahrens nach §§ 7a ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) die Feststellung, dass aufgrund der Tätigkeit des Klägers zu 1) ein Beschäftigungsverhältnis nicht vorliegt. In einem von ihm mit Datum vom 25. April 2012 unterschriebenen Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH gab der Kläger zu 1) an, er sei seit 1. Januar 2011 in der GmbH beschäftigt und seit 21. März 2012 alleinvertretungsberechti...

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