Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Gliederung in haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich ist rechtmäßig. keine analoge Anwendung des § 73 Abs 1a S 3 SGB 5 auf Allgemeinärzte. Nichtabrechnung der Leistungen nach den Kapiteln 5, 7, 31.2 und 31.5 EBM-Ä 2005 durch Fachärzte für Allgemeinmedizin im hausärztlichen Versorgungsbereich. ergänzende Vereinbarung zur Reform des EBM-Ä 2005. allgemeiner und besonderer Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen. keine Rechtsgrundlagen zur Erweiterung des abrechnungsfähigen Leistungsspektrums. Gebot der angemessenen Vergütung. keine subjektiven Rechte des einzelnen Vertragsarztes
Orientierungssatz
1. Die Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung in einen hausärztlichen und einen fachärztlichen Versorgungsbereich und die Zuordnung der Ärzte zu diesen Versorgungsbereichen sind rechtmäßig (vgl zB Urteil des BSG vom 27.6.2007 - B 6 KA 24/06 R = Breith 2008, 193 und BVerfG vom 17.6.1999 - 1 BvR 2507/97 = SozR 3-2500 § 73 Nr 3).
2. Eine analoge Anwendung des § 73 Abs 1a S 3 SGB 5, wonach der Zulassungsausschuss für Kinderärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von § 73 Abs 1a S1 SGB 5 abweichende befristete Regelung treffen kann, die sowohl hausärztliche als auch fachärztliche Tätigkeit bei entsprechendem Versorgungsbedarf ermöglicht, kommt für Allgemeinärzte, die an der hausärztlichen Versorgung nicht in Betracht.
3. Bei den chirurgischen bzw damit zusammenhängenden anästhesiologischen Leistungen handelt es sich um arztgruppenspezifische Leistungen nach den Kapiteln 5 und 7 EBM-Ä 2005, die nach den jeweiligen Präambeln grundsätzlich nur Fachärzten für Chirurgie, Kinderchirurgie, plastische Chirurgie und Herzchirurgie bzw von Fachärzten für Anästhesiologie erbracht werden können. Auch die fachgruppenübergreifenden speziellen Leistungen nach Nr 31.2 und 31.5 EBM-Ä 2005 (ambulante und belegärztliche Operationen bzw damit zusammenhängende anästhesiologische Leistungen) können nicht von Fachärzten für Allgemeinmedizin im hausärztlichen Versorgungsbereich erbracht und abgerechnet werden.
4. Aus der Ergänzenden Vereinbarung zur Reform des EBM-Ä zum 1.4.2005 ergibt sich keine eigenständige Rechtsgrundlage für die Gestattung der Erweiterung des abrechnungsfähigen Leistungsspektrums und/oder Abrechnung einzelner ärztlicher Leistungen bezogen auf alle Vertragsärzte durch die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) aus Sicherstellungsgründen.
5. Eine Kassenärztliche Vereinigung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen oder besonderen Sicherstellungsauftrages nach §§ 72 Abs 1, 75 Abs 1 SGB 5 befugt, abweichend vom EBM-Ä 2005 die Erbringung und Abrechnung einzelner Leistungen bei entsprechendem Versorgungsbedarf zu gestatten.
6. Aus dem objektivrechtlichen, von den Partnern der Gesamtverträge zu beachtenden Gebot der angemessenen Vergütung iS des § 72 Abs 2 SGB 5 entstehen im Allgemeinen keine subjektiven Rechte des einzelnen Vertragsarztes.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. März 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Klägers, chirurgische Leistungen nach Kapitel 7 EBM 2000 plus, ambulante und belegärztliche Operationen nach Kapitel 31.2 EBM 2000 plus sowie damit zusammenhängende anästhesiologische Leistungen für die Quartale ab II/05 abzurechnen.
Der Kläger ist seit dem 1. Juli 1984 als Arzt niedergelassen, seit dem 6. März 1995 als Facharzt für Allgemeinmedizin mit Praxissitz in R zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und nimmt seit dem 1. Januar 1996 als Hausarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Zugleich ist der Kläger Facharzt für Chirurgie, ohne hierfür zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen zu sein. Mit Schreiben vom 11. Juli 1984 teilte die Bezirksstelle K dem Kläger mit, dass er aufgrund eines Beschlusses des Geschäftsausschusses vom 30. Juni 1984 chirurgische Leistungen auf Überweisung bis zur Niederlassung eines Chirurgen in R durchführen dürfe.
Der Kläger beantragte am 22. September 2005 die Genehmigung zur Abrechnung von chirurgischen Leistungen auch für die Quartale ab II/05 unter Verweis auf das Schreiben der Bezirksstelle K vom 11. Juli 1984. Letztere habe ihm bestätigt, dass er weiter chirurgische Leistungen erbringen könne. In R sei nach wie vor kein Chirurg niedergelassen. Die Praxen der nächstgelegenen Chirurgen würden in E (13 km entfernt) und E (28 km entfernt) liegen.
Mit Bescheid vom 9. November 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Genehmigung zur Abrechnung chirurgischer Leistungen nach Kapitel 7 EBM 2000 plus und ambulanter und belegärztlicher Operationen aus Kapitel 31.2 EBM 2000 plus für die Quartale ab II/05 ab. Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass er nach seinem Zulassungssta...