Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 8. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Beförderungskosten als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Der 1960 geborene Kläger ist seit dem 1. Juli 2019 bei der C.-Universität C-Stadt versicherungspflichtig als Architekt beschäftigt. Vom Hessischen Amt für Versorgung und Soziales (HAVS) Kassel ist ihm mit Bescheid vom 1. Februar 2008 wegen eines Hirnanfallsleidens ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 zuerkannt worden bei gleichzeitiger Ablehnung der Feststellung des Nachteilsausgleichs „G“ (erhebliche Einschränkung des Gehvermögens).
Am 18. Oktober 2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten formlos die „Bezahlung eines Fahrdienstes“ morgens von seinem Wohnort in A-Stadt zum Bahnhof E-Stadt und abends von dort zurück nach A-Stadt. Zur Begründung gab er an, nicht selbst Autofahren zu dürfen. Morgens sei ihm eine Anfahrt zum Bahnhof nach E-Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich. Sein Zug fahre dort um 6:39 Uhr ab. Um pünktlich zur Arbeit zu erscheinen, müsste er mit dem Bus bereits am Vorabend um 22:50 Uhr von seinem Wohnort nach G-Stadt aufbrechen. Von dort sei eine Weiterfahrt dann erst am nächsten Morgen um 6:17 Uhr möglich. Abends benötige er für die Fahrt vom Bahnhof E-Stadt zu seinem Wohnort mit öffentlichen Verkehrsmitteln insgesamt 65 Minuten, wohingegen die Fahrt mit dem Pkw nur 16 Minuten dauern würde. Zur Stütze seines Begehrens fügte der Kläger das Schreiben von Prof. Dr. med. S., Leiter des Epilepsiezentrums Rhein-Main, Universitätsklinikum Frankfurt - Goethe-Universität -, Klinik für Neurologie, vom 31. Januar 2019 bei und reichte zudem drei Angebote von Fahrdiensten (E. GmbH, R-Stadt; G. - Taxi & Minicar -, H-Stadt; Taxi J., D-Stadt) nach.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2020 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil es dem Kläger zuzumuten sei, seinen Arbeitsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Dass keine Verkehrsmittel vorhanden seien, sei unerheblich. Auch ohne gesundheitliche Einschränkungen wäre der Kläger auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 18. Februar 2020 Widerspruch, zu dessen Begründung er abermals vortrug, aufgrund seiner Erkrankung nicht Autofahren zu können. Deshalb müsse ein Nachteilsausgleich erbracht werden. Ein gesunder Arbeitnehmer könnte mit seinem Pkw die gesamte Strecke von A-Stadt nach C-Stadt fahren. Er, der Kläger, könne auch keinen ÖPNV zum Bahnhof nach E-Stadt nutzen.
Auf Anforderung der Beklagten teilte der Kläger noch mit, ca. alle drei Wochen einen epileptischen Anfall zu erleiden. Seit dem Jahr 2004 sei er nicht mehr im Besitz einer Fahrerlaubnis, die er mit Sicherheit auch nicht wiedererlangen werde. Außerdem reichte der Kläger den Befundbericht von Prof. Dr. med. S. vom 2. Juni 2020 nebst Bericht vom 3. Juni 2020 zur Akte.
Nach Auswertung dieser Unterlagen gelangte die beratende Ärztin K. in ihrer Stellungnahme vom 14. Juli 2020 zu der Einschätzung, dass die Wegefähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt sei und er öffentliche Verkehrsmittel nutzen könne. Es liege ein Infrastrukturproblem vor.
Darauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 1. September 2020 zurück.
Zur Begründung seiner am 8. September 2020 vor dem Sozialgericht Kassel erhobenen Klage machte der Kläger geltend, die Ausführungen der Beklagten in Bezug auf die Gewährung einer Kfz-Hilfe seien nicht zielführend. Sein Antrag habe sich auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Allgemeinen und im Konkreten auf die Übernahme von Beförderungskosten bezogen. Er sei auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen. Allerdings sei eine nahtlose Anbindung und vor allem eine zeitnahe Verkehrsverbindung zwischen seinem Wohnort und seiner Arbeitsstelle nicht gewährleistet. Krankheitsbedingt könne er kein Kraftfahrzeug führen. Der Gleichheitssatz gebiete es, diesen Nachteil gegenüber nichtbehinderten Arbeitnehmern auszugleichen. Es gehe nicht an, dass er allein wegen seiner Behinderung eine tägliche Odyssee in Kauf nehmen und dadurch einen Großteil seiner Freizeit für das berufliche Pendeln aufwenden müsse. Weder seine Ehefrau noch seine Tochter könnten ihn zum Bahnhof nach E-Stadt mitnehmen. Ein Umzug und der Verkauf des Eigenheims in A-Stadt komme nicht in Betracht.
Dem entgegnete die Beklagte, der Kläger erfülle die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Kfz-Hilfe nicht. Die Hilfe sei erforderlich, weil keine ausreichenden öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stünden, was von ihr nicht berücksichtigt werden dürfe. Der Kläger habe keine einmaligen, sondern dauerhafte Leistungen beantragt. Für die Tätigkeit als Architekt sehe sie auch keine Gefährdung ...