Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Unterkunft und Heizung. angemessene Unterkunftskosten. Einpersonenhaushalt im Werra-Meißner-Kreis in Hessen. schlüssiges Konzept des Sozialhilfeträgers
Leitsatz (amtlich)
Zur Schlüssigkeit des Unterkunftskonzepts im Werra-Meißner-Kreis ab Mai 2018.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 21. März 2018 aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt wurde, der Klägerin im Zeitraum vom 1. Mai 2018 bis 30. Juni 2018 Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII über das angenommene Teilanerkenntnis vom 8. Februar 2021 und das angenommene Teilanerkenntnis vom 4. März 2021 hinaus auf der Grundlage einer monatlichen Brutto-Kaltmiete von 343,20 Euro zu gewähren.
Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind höhere monatliche Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe (SGB XII) u. a. zur Deckung von Bedarfen für Kosten der Unterkunft (KdU) für (noch) die Zeit vom 1. Mai 2018 bis 30. Juni 2018 im Streit.
Die 1950 geborene, verheiratete und von ihrem Ehemann getrennt lebende Klägerin bezog auf der Grundlage einer Antragstellung vom 30. Dezember 2014 seit 1. Februar 2015 Leistungen nach dem Dritten, seit 1. Mai 2015 nach Vierten Kapitel SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung). Seit 1. Januar 2015 bezog die Klägerin eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte in Höhe von 596,60 Euro (Stand: Juli 2017). Sie lebte seit April 1999 bis Juni 2018 allein in einer 77m² großen 3-Zimmer-Wohnung in der C-Straße in A-Stadt. Die Grundmiete betrug ursprünglich 308,00 Euro, die sog. kalten Nebenkosten 60,00 Euro, die Wohnung war mit einer Gasetagenheizung beheizt, die Warmwasserbereitung erfolgte durch einen dezentralen Gasboiler (vgl. Mietbescheinigung vom 28. August 2015, Bl. 79 Verwaltungsakte des Beklagten - VA); die Heizkostenvorauszahlung betrug (zunächst) 53,00 Euro. Die Kosten wurden vom Beklagten bis zum 30. Juni 2016 in vollem Umfang bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 16. April 2015 (Bl. 52 VA) informierte der Beklagte die Klägerin, dass die Unterkunftskosten der Klägerin nach seiner Auffassung für einen Ein-Personen-Haushalt unangemessen hoch seien, angemessen seien Kosten der Unterkunft (Grundmiete und kalte Betriebskosten) in Höhe von 255,32 Euro. Die Klägerin wurde auch aufgefordert, Umstände zu benennen, die Einfluss auf die Angemessenheit der Unterkunft und die Zumutbarkeit Kosten senkender Maßnahmen haben könnten. Ab Juli 2015 legte die Klägerin mehrere Mietangebote vor, die der Beklagte nicht akzeptierte, weil die nach seiner Auffassung angemessene Brutto-Kaltmiete überschritten wurde. Mit Schreiben vom 12. November 2015 (Bl. 104 VA) forderte der Beklagte die Klägerin zur Senkung ihre Unterkunftskosten bis zum 31. Mai 2016 auf, angemessen sei eine Gesamtmiethöhe von 308,32 Euro (Brutto-Kaltmiete 255,32 Euro, Kosten der Heizung 53 Euro); ab 1. Juli 2016 könnten Kosten der Unterkunft nur in angemessener Höhe von derzeit 308,32 Euro übernommen werden. Mit Bescheid vom 8. Juni 2016 (Bl. 165 VA) teilte der Beklagte der Klägerin mit, ab Juli 2016 würden nur noch 274,56 Euro für die Brutto-Kaltmiete einschließlich Nebenkosten und 47,00 Euro an Heizkosten akzeptiert. Mit weiterem Bescheid vom 8. Juni 2016 (Bl. 167 VA) erfolgte die Weiterbewilligung der Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis 30. Juni 2017 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung lediglich der nach Auffassung des Beklagten angemessenen Unterkunftskosten. Den hiergegen am 19. Juni 2016 mit der Begründung eingelegten Widerspruch, mangels eines so genannten schlüssigen Konzepts müsse der Beklagte die Unterkunftskosten der WoGG-Tabelle mit einem 10%igen Sicherheitszuschlag berücksichtigen, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2016 (Bl. 194 VA) als unbegründet zurück. Die hiergegen beim Sozialgericht Kassel erhobene Klage wies das Sozialgericht mit Urteil vom 7. September (Az. S 11 SO 119/16) im Wesentlichen als unbegründet ab.
Auf ihren Antrag vom 26. April 2017 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 30. Juni 2017 (Bl. 320 ff VA) Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII unter Anrechnung ihres Renteneinkommens in Höhe von 596,90 Euro für den Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis 30. Juni 2018 und berücksichtigte dabei von der tatsächlichen Brutto-Kaltmiete in Höhe von nunmehr 350 Euro lediglich den nach seiner Auffassung angemessenen Betrag in Höhe von 274,56 Euro. Die Heizkosten erkannte er in der tatsächlichen Höhe von monatlich 44,00 Euro an. Hiergegen legte die Klägerin am 26. Juli 2017 (Bl. 331 ...