Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Verkaufserlös für Fondsanteile. Schonvermögen. Vermögensumschichtung
Orientierungssatz
Der Erlös aus dem Verkauf von zum Schonvermögen zählenden Fondsanteilen ist nicht gemäß § 11 SGB 2 als Einkommen zu berücksichtigen, sondern stellt eine Vermögensumschichtung dar, soweit - wie hier bei einer erwirtschafteten jährlichen Rendite in Höhe von 8,4 % - keine außergewöhnliche Wertsteigerung eingetreten ist.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 31. August 2018 wird zurückgewiesen.
II.Der Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten auch im Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der für die Monate Mai bis September 2015 zu erbringenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bzw. die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung mit Erstattungsbegehren des Beklagten i.H.v. 543,86 € streitig.
Die 1993 geborene Klägerin bezieht seit Mai 2011 fortlaufend Arbeitslosengeld II. Den Erstantrag stellte sie am 24. Mai 2011 und gab dabei zum vorhandenen Vermögen u.a. an, über ein Investment mit Fondsanteilen zu verfügen. Sie legte hierzu eine Abrechnung der C. Bank AG in B-Stadt vor, wonach das Investment zum 29. April 2011 einen Anteilsbestand von 62,299 und einen Depotwert von 2.619,67 € hatte. Am 23. Juli 2011 ist die Tochter der Klägerin, D., geboren. Zusammen mit ihr wohnte die Klägerin in der Wohnung ihrer Mutter bis 30. April 2015. Zum 1. Mai 2015 bezog die Klägerin eine eigene Wohnung in A-Stadt.
Für den vorliegend streitigen Zeitraum ist maßgeblich der am 23. April 2015 gestellte Weiterbewilligungsantrag, auf den der Beklagte durch Bescheid vom 27. April 2015 Leistungen von monatlich gesamt 541,28 € für den Zeitraum vom 1. Mai 2015 bis 30. April 2016 bewilligte. Den monatlichen Leistungsbetrag erhöhte der Beklagte durch Änderungsbescheid vom 26. Mai 2015 (594,28 € für die Monate Juli 2015 bis April 2016), durch weiteren Änderungsbescheid vom 25. Juni 2015 (617,07 € für die Monate Juli 2015 bis April 2016) und schließlich durch Änderungsbescheid vom 1. Juli 2015 (551,40 € für die Monate Mai und Juni 2015, 628,81 € für den Monat Juli 2015 und 627,19 € für die Monate August 2015 bis April 2016).
In der Folge forderte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 24. Februar 2016 auf, Unterlagen zum aktuellen Stand der Investmentpapiere vorzulegen, woraufhin die Klägerin am 1. März 2016 einen Depotauszug der C. Bank AG vom 1. März 2016 vorlegte. Danach belief sich das Investment noch auf 9,448 Fondsanteile und einen Depotwert von 465,60 €. Auf weitere Nachfrage des Beklagten vom 28. Oktober 2016, sie habe im Rahmen eines Datenabgleichs erfahren, dass die Klägerin im Jahr 2015 Kapitalerträge i.H.v. 776,00 € erzielt habe, teilte die Klägerin mit Schreiben vom 5. November 2016 mit, sie habe im Mai 2015 von ihrem Investmentkonto Anteile i.H.v. 2.500,00 € verkauft und damit u. a. die Küche und die Kaution für ihre neue Wohnung bezahlt. Ergänzend legte sie eine Abrechnung der C. Bank AG vom 6. Mai 2015 vor, der der Verkauf von 44,50 Anteilen mit einem Erlös von 2.500,00 € zu entnehmen ist bei einem Restbestand von 9,676 Anteilen mit einem Restwert von 543,60 €. Darüber hinaus legte die Klägerin eine Steuerbescheinigung der C. Bank AG vom 31. Dezember 2015 vor, worin für das Kalenderjahr 2015 Kapitalerträge i.H.v. 776,99 € angegeben wurden. Dem weiter von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Bank vom 28. November 2016 ist zu entnehmen, dass es sich bei dem Betrag von 776,99 € um den realisierten Gewinn der Anteile handelt, die die Klägerin am 6. Mai 2015 verkauft hat.
Nach Anhörung mit Schreiben vom 12. Dezember 2016 hob der Beklagte durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Januar 2017 die Leistungsbewilligung für die Monate Mai bis September 2015 teilweise auf und regelte zugleich die Erstattung eines Betrages von 543,86 €. Zur Begründung führte er aus, der Klägerin seien im Mai 2015 Kapitalerträge i.H.v. 776,99 € zugeflossen, die als Einkommen aufgeteilt auf einen Zeitraum von sechs Monaten zu berücksichtigen seien. Die Leistungsbewilligung sei deshalb in Anwendung von § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) bzw. i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) wegen Verletzung der Mitteilungspflicht aufzuheben. Die Erstattungsforderung berechnete der Beklagte, indem er für die Monate Mai bis August 2015 jeweils von einem Überzahlungsbetrag von 129,49 € und für den Monat September 2015 von einem Überzahlungsbetrag von 25,90 € ausging, mithin gesamt 543,86 €.
Die Klägerin erhob Widerspruch am 23. Januar 2017 und machte g...