Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitteilung des Auszahlungsbetrags der Rente. Regelungswert eines bloßen Hinweises auf das rechnerische Ergebnis einer Subtraktion. formeller Verwaltungsakt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Mitteilung des Auszahlungsbetrags der Rente ist keine Regelung iS des § 31 SGB X. Der bloße Hinweis auf das rechnerische Ergebnis einer Subtraktion hat keinen eigenständigen Regelungswert.

2. Ein bloß formeller Verwaltungsakt verletzt den von ihm Betroffenen in seinen Rechten und ist deshalb notwendig aufzuheben.

3. Zu 1: Entgegen LSG Stuttgart vom 25.2.2016 - L 10 R 1154/15.

4. Zu 1 und 2: Anschluss an BSG vom 5.9.2006 - B 4 R 71/06 R = BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1.

 

Orientierungssatz

1. Die Ausnahmeregelung des § 24 Abs 2 Nr 5 SGB 10 greift nur dann ein, wenn die Veränderung des Einkommens der einzige entscheidungsrelevante Gesichtspunkt für den Erlass des Verwaltungsaktes ist (vgl BSG vom 27.1.1981 - 5b/5 RJ 56/80 = SozR 1200 § 34 Nr 14).

2. Zum Leitsatz 1 vgl auch BSG vom 25.1.2011 - B 5 R 14/10 R = SozR 4-1300 § 63 Nr 15 RdNr 17 sowie vom 11.5.2011 - B 5 R 8/10 R = BSGE 108, 152 = SozR 4-5050 § 31 Nr 1, RdNr 17.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 11. Oktober 2013 geändert, als darin der Bescheid vom 5. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2010 (richtig: 24. November 2010) teilweise aufgehoben wurde, und die Klage auch insoweit abgewiesen.

II. Die Anschluss-Berufung der Klägerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Bescheid vom 7. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2010 vollständig aufgehoben worden ist.

III. Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Anschluss-Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

IV. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die teilweise Aufhebung der Bewilligung einer Witwenrente für die Zeit vom 1. Juli 1994 bis 31. Januar 2010 wegen Einkommensanrechnung sowie die Erstattung der sich daraus ergebenden Überzahlung von 85.994,11 €.

Die 1953 geborene Klägerin ist Witwe des 1951 geborenen und 1987 verstorbenen Versicherten C. A., mit dem sie am ...1975 die Ehe schloss und die im September 1975 und im Juli 1983 geborenen Söhne hat.

Nach dem Tod des Versicherten beantragte die Klägerin am 11. Juni 1987 bei der Beklagten eine Hinterbliebenenrente und gab im Antrag an, über kein eigenes Arbeitsentgelt zu verfügen.

Mit Bescheid vom 12. August 1987 erkannte die Beklagte den Anspruch auf Hinterbliebenenrente mit einem Rentenbeginn am 8. Juni 1987 an und stellte eine monatliche Rentenhöhe von 1.086,70 DM sowie einen Beitragszuschuss zur Krankenversicherung fest. Der Bescheid enthielt Hinweise auf die Regelung zur Einkommensanrechnung sowie die Verpflichtung der Klägerin, Erhöhungen oder Hinzutreten von Einkommen unverzüglich mitzuteilen.

Im März 1988 nahm die Klägerin eine Teilzeitbeschäftigung auf, seit Februar 1994 war sie in Vollzeit beschäftigt. Die Aufnahme der Teilzeitbeschäftigung zeigte sie der Beklagten nicht an; eine Anzeige über den Beginn der Vollzeitbeschäftigung ist nicht aktenkundig.

Mit Bescheid vom 8. März 2004 setzte die Beklagte Änderungen bei der Beitragszahlung zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. April 2004 um, woraus sich ein monatlicher (Aus-)Zahlbetrag der Rente von 717,63 € ergab.

Mit "Rentenbescheid" vom 17. Juni 2004 berechnete die Beklagte die bisherige große Witwenrente der Klägerin ab dem 1. Januar 2004 neu. Für die Zeit ab dem 1. August 2004 ergab sich ein monatlicher (Aus-)Zahlbetrag von 717,63 €. Als Gründe für die Neuberechnung werden auf Seite 2 ein anderer Beitragssatz zur Kranken- und Pflegeversicherung genannt. Aus der Anlage 1 war ersichtlich, dass die Beklagte kein Einkommen der Klägerin berücksichtigte.

Im Rahmen einer Beratung am 10. November 2009 in der Auskunfts- und Beratungsstelle A-Stadt der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Hessen über ihre spätere Altersrente stellte sich heraus, dass die Klägerin laufend Witwenrente bezog, jedoch ohne Einkommensanrechnung.

Aufgrund dessen berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 5. Januar 2010 die große Witwenrente ab dem 1. Juli 1994 neu. Für die Zeit ab 1. Februar 2010 belaufe sich der monatliche (Aus-)Zahlbetrag auf 65,00 €. Für die Zeit vom 1. Juli 1994 bis zum 31. Januar 2010 ergebe sich eine Überzahlung von 85.994,11 €, die zu erstatten sei. Der Rentenbescheid vom 12. August 1987 werde mit Wirkung ab dem 1. Juli 1994 nach § 48 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben wegen Einkommensanrechnung, so dass die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt seien.

Dagegen legte die Klägerin am 11. Januar 2010 Widerspruch ein und machte nach Akteneinsicht geltend, dass sie die Änderung ihrer Einkommensverhältnisse zum 1. Februar 1994 mitgeteilt habe. Die Krankenversicherung sei über ihr Einkommen stets informiert gewesen. Insbesondere sei ...

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