Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenzahnärztliche Vereinigung. Abrechnung. Berichtigungsantrag. keine endgültige Einbehaltung. Auslegung des Begriffs Einbehalt. Gesamtvergütung. Ärztliches Honorar. Auslegung eines Normsetzungsvertrags. Juristischer Sprachgebrauch. Zurückbehaltungsrecht
Orientierungssatz
1. Aus § 17 Abs 1 S 5 EKV-Z folgt nicht das Recht, bei Versäumung der dort genannten Fristen geltend gemachte Forderungen endgültig zu behalten.
2. Bei der Deutung einer Norm ist, soweit eine Formulierung im juristischen einen anderen Gehalt hat als im allgemeinen Sprachgebrauch, in der Regel ersterer für die Auslegung maßgeblich. Im juristischen Bereich ist, bezogen auf Geldforderungen, mit einem "Einbehalt" typischerweise ein lediglich zum vorläufigen Behaltendürfen berechtigender "Sicherungseinbehalt" gemeint.
Normenkette
EKV-Z § 17 Abs. 1 S. 5; SGG § 88
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 27. November 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, für das Quartal I/2010 unter Berufung auf § 17 Abs. 1 Satz 5 Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z) einen Betrag von 5.322,67 € endgültig einzubehalten.
§ 17 Abs. 1 EKV-Z (“Abrechnung der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen„) in der seit dem Jahr 2010 geltenden Fassung lautet:
“Die KZV überprüft die Abrechnungen der Vertragszahnärzte rechnerisch und gebührenordnungsmäßig und stellt sie richtig. Danach übersendet die KZV die Abrechnungen an die Ersatzkassen. Teilrechnungen und Vorbehaltsvermerke sind unzulässig. Berichtigungen von Fehlern bei der Anwendung des BEMA, von Rechenfehlern und sonstigen offenbaren Unrichtigkeiten sind binnen sechs Monaten nach Eingang der Rechnung bei der Ersatzkasse von dieser bei der KZV geltend zu machen. Berichtigungsanträge, die nicht innerhalb von sechs Monaten bearbeitet worden sind, berechtigen die Ersatzkasse zur Einbehaltung von 75 v. H. der mit den Berichtigungsanträgen geltend gemachten Forderungen. Berichtigungsanträge, die nicht innerhalb von weiteren zwölf Monaten bearbeitet worden sind, berechtigen die Ersatzkassen zur Einbehaltung von weiteren 25 v. H.„
Die Beklagte stellte mit Schreiben vom 15. Oktober 2010, bei der Beklagten eingegangen am 19. Oktober 2010, einen Berichtigungsantrag betreffend die Abrechnung konservierend-chirurgischer Leistungen für das Quartal I/10 in einem Umfang von 10.142,29 € für 265 Behandlungsfälle.
Die Klägerin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 7. April 2011 mit, dass sie im Hinblick auf 24 Behandlungsfälle die Beanstandung nicht anerkenne. Bei den restlichen Fällen müsse man die Zahnärztinnen und Zahnärzte um Stellungnahme bitten; man werde sich dann unaufgefordert melden. Mit weiterem Schreiben vom 7. April 2011 bat die Klägerin um Übersendung der für die Prüfung notwendigen Unterlagen (Heil- und Kostenpläne zur prothetischen Versorgung sowie der entsprechenden Parodontalstaten).
Mit Schreiben vom 19. April 2011 wies die Beklagte die Klägerin auf die noch fehlende Bearbeitung der weiteren Fälle sowie auf § 17 EKV-Z hin und gewährte eine “letzte Frist„ bis zum 3. Mai 2011.
Mit Schreiben vom 5. Mai 2011 bat die Beklagte um Überprüfung der Entscheidung vom 7. April 2011. Mit Schreiben vom 6. Mai 2011 übersandte sie die erbetenen Unterlagen und erklärte, für einen der Behandlungsfälle (Fallnummer xxx1) halte sie ihre Beanstandung nicht aufrecht.
Mit Schreiben vom 27. Mai 2011 teilte die Beklagte der Klägerin dann mit, wegen der nicht fristgerechten Bearbeitung mache man nunmehr von dem Recht aus § 17 EKV-Z Gebrauch und behalte einen Betrag von 6.894,05 € ein. Mit Schreiben vom 30. August 2011 nahm die Klägerin zu den weiteren Behandlungsfällen konkret Stellung. Sie gab in 51 Behandlungsfällen den Anträgen auf Berichtigung statt und erklärte, die weiteren Beanstandungen halte sie für unbegründet. Den sich aus den stattgegebenen Berichtigungsanträgen ergebenden Betrag von 1.571,38 € überwies sie an die Beklagte zurück. Sie forderte die Beklagte zugleich auf, den noch offenen Differenzbetrag in Höhe von 5.322,67 € zu begleichen. Diese erwiderte mit Schreiben vom 6. Oktober 2011, dies komme nicht in Betracht, weil es sich insoweit um den Einbehalt nach § 17 EKV-Z handele.
Mit Bescheid vom 7. November 2011 entschied die Klägerin, unter Bezugnahme auf das Schreiben der Beklagten vom 5. Mai 2011, dass die Beanstandungen im Hinblick auf 3 Fallnummern nicht anerkannt werden könnten, im Hinblick auf eine Fallnummer (xxx2) dagegen schon. Den sich aus dieser anerkannten Beanstandung ergebenden Rückzahlungsbetrag in Höhe von 68,42 € schrieb sie dem Abrechnungskonto der Beklagten im Folgenden gut.
Die Beklagte erhob gegen den Bescheid vom 7. November 2011 keinen Widerspruch.
Am 9. März 2012 hat d...