Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Bemessungsentgelt. Leistungsentgelt. Kirchensteuer. Leistungssatz. Krankengeld. Regelentgelt. Tatbestandswirkung. Abtretung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Richtet sich gem. § 135 Nr. 4 SGB III die Höhe des Arbeitslosengelds nach dem Entgelt, das der Bemessung einer anderen Sozialleistung (hier: Krankengeld) zugrunde gelegt worden ist, so entfaltet die Festsetzung des anderen Sozialleistungsträgers (hier: Krankenkasse) im Hinblick auf die Höhe des Arbeitslosengelds Tatbestandswirkung.

2. Der Abzug fiktiver Kirchensteuer gem. § 136 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB III (in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) ist mit der Verfassung vereinbar.

 

Normenkette

SGB III § 26 Abs. 2 Nr. 1, §§ 129, 130 Abs. 1, § 132 Abs. 1, § 135 Nr. 4, § 136; SGB V § 47 Abs. 2 S. 1; EStG § 32 Abs. 4 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitgegenstand ist die Höhe des dem Kläger gewährten Arbeitslosengeldes für die Leistungszeiträume 22. August 2001 - 2. Oktober 2001, 15. Oktober 2001 - 31. Dezember 2001, 1. Januar 2002 - 18. Juni 2002 sowie 5. November 2003 - 14. Januar 2004.

Der 1957 geborene Kläger ist verwitwet und hat ein am 4. November 1982 geborenes Kind. Er bezog zuletzt während der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit von der für ihn zuständigen Krankenkasse (Vereinigte IKK) Krankengeld im Zeitraum 27. März 2000 - 9. Juli 2001. Der Berechnung des Krankengeldes legte die IKK als kalendertägliches Regelentgelt ursprünglich täglich 39,68 DM zugrunde.

Der Kläger meldete sich bei der Beklagten am 22. August 2001 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Die Beklagte gewährte ihm durch Bescheid vom 14. September 2001 wöchentlich 133,70 Euro Arbeitslosengeld ab 22. August 2001 und hob - nach Eintritt von Arbeitsunfähigkeit bei dem Kläger - durch Änderungsbescheid vom 20. November 2001 die Arbeitslosengeldbewilligung mit Ablauf des 2. Oktober 2001 auf. Der Kläger erhob mit Schreiben vom 22. September 2001 Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. September 2001 bezüglich der darin errechneten Leistungshöhe, weil sein letzter Arbeitgeber, die Firma W., keine korrekten Angaben zu seinem Bruttoverdienst gemacht habe. Die Beklagte wies durch Widerspruchsbescheid vom 7. März 2002 den Widerspruch als unbegründet zurück, weil die Bemessung des Arbeitslosengeldes nicht zu beanstanden sei. § 135 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) binde die Bemessung des Arbeitslosengeldes an das bei der Bewilligung des Krankengeldes nach Angaben der zuständigen Krankenkasse zugrunde gelegte Entgelt.

Der Kläger bezog nach der Leistungsgewährung ab dem 22. August 2001 Arbeitslosengeld während der folgenden Leistungszeiträume: 22. August 2001 - 2. Oktober 2001 sowie 15. Oktober 2001 - 18. Juni 2002.

Der Kläger hat am 4. April 2002 bei dem Sozialgericht Marburg Klage (S 5 AL 209/02) erhoben und sich wegen fehlerhafter Arbeitslosengeldberechnung gegen den Bescheid vom 14. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2002 gewandt.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte durch zwei Änderungsbescheide vom 17. November 2003 das dem Kläger gewährte Arbeitslosengeld für die Zeiträume 22. August 2001 - 2. Oktober 2001, 15. Oktober 2001 - 31. Dezember 2001 auf 359,24 DM (183,68 Euro) wöchentlich nach einem Bemessungsentgelt von 830,00 DM wöchentlich und das Arbeitslosengeld für den Zeitraum 1. Januar 2002 - 18. Juni 2002 auf 164,50 Euro nach einem Bemessungsentgelt von 425,00 Euro erhöht. Zuvor hatte die IKK durch Bescheid vom 10. September 2003 das dem Kläger für den Zeitraum 27. März 2000 - 9. Juli 2001 gewährte Krankengeld auf der Grundlage eines kalendertäglichen Regelentgelts von 60,75 Euro (118,81 DM) neu berechnet. Zur Bestimmung dieses Regelentgelts hatte sie dem Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22. November 2002 (5 (8) Ca 3925/00) im Rechtsstreit des Klägers gegen seinen früheren Arbeitgeber wegen weiterer Entgeltforderungen, in dem der Kläger teilweise obsiegte, Feststellungen zum Entgelt des Klägers entnommen.

Der Kläger hat die Klage vor dem Sozialgericht Marburg fortgeführt und die Auffassung vertreten, das nunmehr zugrunde gelegte wöchentliche Bemessungsentgelt von 425,00 Euro sei nicht nachvollziehbar. Bereits die Berechnung der IKK sei nicht korrekt, da er wegen eines Beratungsfehlers eines IKK-Mitarbeiters erhebliche finanzielle Nachteile wegen der von ihm zu spät eingereichten Klage gegen die Firma W. erlitten habe. Außerdem seien Kirchensteuern ungerechtfertigter Weise in Abzug gebracht worden, weil er gar keine Kirchensteuern zahle. Die Beklagte hat dazu die Auffassung vertreten, die Bescheide vom 17. November 2003 seien gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die darin erfolgte Neuberechnung sei durch Vergleich mit den Ursprungsbescheiden nachvollziehbar. Grundlage der Änderungen sei die von der IKK eingereichte Bescheinigung über die Neuberechnung des Krankengeldes.

Das Sozialgericht Marburg hat im Verfahren S 5 AL 209/02 durch Gerichts...

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