0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die durch Art. 1 des Altersvermögensergänzungsgesetzes (AVmEG) v. 21.3.2002 (BGBl. I S. 403) als § 269a eingefügte Vorschrift ist am 1.1.2002 in Kraft getreten.
Sie regelt, in welchen Fällen bei einer Rentenabfindung anlässlich der Wiederheirat aus Gründen des Vertrauensschutzes — abweichend von § 107 Abs. 1 i.d. Neuf. v. 1.1.2002 — eine zuvor gezahlte kleine Witwen- bzw. Witwerrente nicht anzurechnen ist (vgl. auch BT-Drs. 14/4595 S. 138).
Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3013) ist mit Wirkung v. 1.1.2004 ein neuer § 269a in das Gesetz eingefügt und die bisherige Vorschrift in § 269b geändert worden. Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung (BT-Drs. 15/1830 S. 10), die Norm blieb inhaltlich unverändert.
Gültig ist die Vorschrift i. d. F. v. 27.12.2003 ab 1.1.2004.
1 Allgemeines
1.1 Regelungsinhalt und Normzweck
Rz. 2
Inhaltlich regelt § 269a die Fälle, in denen die Abfindung der kleinen Witwen- und Witwerrente ungekürzt zu leisten ist. Damit ist § 269b eine Übergangsregelung zu § 107 Abs. 1 Satz 3 zur Rentenabfindung bei Wiederheirat von Witwen und Witwern ohne Anrechnung der geleisteten kleinen Witwenrente oder Witwerrente bei Todesfällen vor Inkrafttreten des Altersvermögensgesetzes und für Ehegatten aus beim Inkrafttreten bereits bestehenden Ehen, wenn einer der Ehepartner 40 Jahre und älter ist (BT-Drs. 14/4595 S. 58).
1.2 Korrespondierende und ergänzende Vorschriften
Rz. 3
§ 269b verdrängt als Sonderregelung § 107 und korrespondiert mit § 242a, der unter den dort genannten Voraussetzungen als Übergangsvorschrift den Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente auch ohne Beschränkung auf 24 Kalendermonate – wie es nach § 46 Abs. 1 Satz 2 vorgesehen ist – regelt.
1.3 Vorgängervorschriften
Rz. 4
Vorgängervorschriften existieren nicht.
1.4 Gemeinsame Rechtliche Anweisungen der DRV
Rz. 5
Die Deutsche Rentenversicherung hat im Anwendungsbereich des SGB VI umfangreiche Gemeinsame Rechtliche Anweisungen (GRA) geschaffen, die auch § 269b erfassen. Die GRA der DRV zu § 269b hat den Stand 21.9.2015 (i. d. F. des 2. SGB VI-ÄndG v. 27.12.2003, in Kraft getreten am 1.1.2004) und kann online im Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung (rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de) eingesehen werden. Die GRA wurde im Rahmen des Abstimmungsprozesses mit dem Regionalträger redaktionell überarbeitet (veröffentlicht: 9.1.2021).
2 Rechtspraxis
2.1 Funktion und Voraussetzungen im Überblick
Rz. 6
Nach § 107 Abs. 1 Satz 3 und 4 vermindert sich seit dem 1.1.2002 der Abfindungsbetrag in Höhe des 24fachen Monatsbetrages bei kleinen Witwen- und Witwerrenten nach § 46 Abs. 1 Satz 2 um die Anzahl der Monate, für die eine solche Rente gezahlt worden ist.
Rz. 7
§ 269a hat insoweit Besitzschutzfunktion für Altfälle und dient dem Vertrauensschutz, der aus § 242a fließt. Danach besteht der Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente ohne Beschränkung auf 24 Kalendermonate, wenn der Ehegatte vor dem 1.1.2002 verstorben oder wenn mindestens ein Ehegatte vor dem 2.1.1962 geboren ist und die Ehe vor dem 1.1.2002 geschlossen wurde. In diesen Fällen soll auch die Rentenabfindung nicht gekürzt werden. Das stellt § 269a sicher.
Rz. 8
Dies gilt nach der Sonderregelung in § 269b ausdrücklich nicht, wenn
- der "vorletzte Ehegatte" vor dem 1.1.2002 verstorben ist; gemeint ist der Ehegatte, aus dessen Versicherung die abzufindende Rente geleistet wurde, oder
- mindestens einer der Ehegatten aus der "vorletzten Ehe" — also der Ehegatte, aus dessen Versicherung die Rente zustand, und der wiederverheiratete andere Ehegatte — vor dem 2.1.1962 geboren ist und die Ehe vor dem 1.1.2002 rechtsgültig geschlossen wurde.
In diesen Fällen steht die Abfindung — unabhängig von der Dauer des Rentenbezuges — in vollem Umfang zu.
2.2 Tod des vorletzten Ehegatten vor dem 1.1.2002 (Satz 1)
Rz. 9
Vorletzter Ehegatten ist derjenige, aus dessen Versicherung die Witwen- oder Witwerrente geleistet wird. Er ist derjenige, mit dem der Versicherte und Hinterbliebene vor der Wiederheirat verheiratet war. Entscheidend ist daher allein die Ehe mit dem Ehegatten, aus dessen Versicherung die abzufindende Witwen-/Witwerrente gezahlt wird (GRA der DRV zu § 269b SGB VII, Stand: 21.9.2015, Abschn. 3).
Rz. 10
Der Todeszeitpunkt muss vor dem 1.1.2002 eingetreten sein. Es kommt also nicht auf den Zeitpunkt der Eheschließung an.
Rz. 11
Bei mehrfach verheirateten Ehepartnern entscheidet die letzte Eheschließung; eine im Ausland geschlossene Ehe muss nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB rechtsgültig sein (GRA der DRV zu § 269b SGB VI, Stand: 21.9.2015, Abschn. 3).
Rz. 12
Anspruchsberechtigter des ungekürzten Abfindungsanspruchs nach § 107 ist der überlebende und wieder heiratende Ehegatte.
2.3 Doppelte Stichtagsregelung (Satz 2)
Rz. 13
Wie bei der Übergangsregelung nach § 242a Abs. 1 Satz 2 sieht auch Satz 2 für den Anwendungsbereich des § 269a die doppelte Stichtagsregelung vor. Danach kommt der Betroffene auch dann in den Genuss der ungekürzten Rentenabfindung, wenn mindestens ein Ehegatte in der vorletzten Ehe vor dem 2.1.1962 geboren ist und diese Ehe vor dem 1.1.2002 geschlossen wurde.
Rz. 14
Ausschlaggebend ist daher das Geburtsdatum einer der Ehegatten aus der "vorletzten Ehe", also der Ehegatte, aus dessen Versi...