0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit der Einführung des SGB IV durch Gesetz v. 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845) erlassen worden und am 1.7.1977 in Kraft getreten. Sie wurde zwischenzeitlich mehrfach geändert und ergänzt. So wurde u. a. mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002 (BGBl. I S. 4621) zum 1.1.2003 an Abs. 1 ein Halbsatz angefügt. Abs. 2 Satz 2 wurde mit dem Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) v. 9.12.2004 (BGBl. I S. 3242) zum 1.1.2005 geändert und Abs. 1 mit dem Verwaltungsvereinfachungsgesetz v. 21.3.2005 (BGBl. I S. 818) zum 1.4.2005 neu gefasst.
Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze v. 21.12.2008 (BGBl. I S. 2940) ist Abs. 1 um die Sätze 2 und 3 mit Wirkung zum 1.1.2009 ergänzt worden.
Mit der Einfügung des Satzes 2 in Abs. 2 durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057) ist zum 1.1.2012 die Beitragsaufteilung bei Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze geregelt worden. Mit Art. 6 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) ist Abs. 1 mit Wirkung zum 1.4.2012 an die Änderung der Bezugsnorm (nunmehr § 165 SGB III) angepasst worden. Durch Art. 1. des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7. SGB IV ÄndG) v. 12.6.2020 (BGBl. I S. 1248) wurden Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 mit Wirkung zum 1.7.2020 redaktionell geändert. Durch Art. 25 des Bundeswehr-Einsatzbereitschaftsstärkungsgesetzes (BwEinsatzBerStG) v. 4.8.2019 (BGBl. I S. 1147) wurde mit Wirkung zum 1.1.2021 die Anwendung des Abs. 2 für Personen ausgeschlossen, die als ehemalige Soldaten auf Zeit Übergangsgebührnisse beziehen.
1 Allgemeines
Rz. 2
Diese Vorschrift ergänzt für den Bereich der Sozialversicherung die in § 40 SGB I enthaltene Regelung über das Entstehen der Leistungsansprüche (vgl. dort). Die Vorschrift soll klarstellen, dass es in der Sozialversicherung zur Entstehung des Beitragsanspruchs einer Konkretisierung durch einen Einzelbescheid des Versicherungsträgers nicht bedarf; dies kann z. B. bei illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit, bei untertariflicher Bezahlung sowie bei Insolvenz des Beitragspflichtigen Bedeutung erlangen.
2 Rechtspraxis
2.1 Entstehen des Beitragsanspruchs
Rz. 3
Der Beitragsanspruch des Versicherungsträgers entsteht ohne besonderen Bescheid. Es müssen lediglich die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen vorliegen. Dies hat zur Folge, dass Beitragsansprüche in der Sozialversicherung in dem Augenblick entstehen, in dem ihre im Gesetz, in einer Rechtsverordnung oder Satzung festgelegten Voraussetzungen vorliegen, und zwar unabhängig vom Willen der Beteiligten. Das bedeutet, dass der Anspruch auf Sozialversicherungsbeiträge in der Regel entsteht, sobald im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses das Arbeitsentgelt erzielt oder der Anspruch darauf fällig geworden ist (vgl. z. B. § 226 SGB V, § 162 SGB VI). Bei freiwillig Versicherten (Versicherungsberechtigten) ergibt sich das Entstehen des Beitragsanspruchs aus der aufgrund gesetzlicher Vorschriften durchgeführten freiwilligen Versicherung.
Rz. 4
Der Eintritt von Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung knüpft i. d. R. an das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses i. S. d. § 7 Abs. 1 an. Trotz der Vorschriften über die Anmeldung von Beschäftigten nach § 28a entsteht die Versicherungspflicht und Beitragspflicht auch dann, wenn der Arbeitgeber die Anmeldung unterlässt.
Für die gesetzliche Unfallversicherung entsteht der Beitragsanspruch, wenn Arbeitnehmer gegen Arbeitsentgelt beschäftigt wurden oder sonstige Voraussetzungen für die Versicherung von Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung vorliegen (z. B. ehrenamtlich Tätige). Auch hier entsteht der Beitragsanspruch des Unfallversicherungsträgers ohne das Erfordernis eines Beitragsbescheides.
Bereits in seinem Urteil v. 26.10.1982 (12 RK 8/81) und seither in ständiger Rechtsprechung (BSG, Urteil v. 20.3.2013, B 12 KR 7/11 R m. w. N.) hat das BSG ausgeführt, dass sich der Beitragsanspruch grundsätzlich nicht erst nach der tatsächlichen Zahlung des Lohnes oder Gehaltes ergibt, sondern dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Lohn oder Gehalt schuldet (vgl. zum sog. Entstehungsprinzip auch die Komm. zu § 14 Rz. 6 ff.). Das trifft insbesondere für solche Fälle zu, in denen der Arbeitgeber geschuldetes und vom Arbeitnehmer auch gefordertes Arbeitsentgelt bei Fälligkeit nicht gezahlt hat. Der Arbeitgeber kann sich nicht allein durch Nichtzahlung des Arbeitsentgelts seiner öffentlich-rechtlichen Beitragspflicht entziehen, andernfalls wären schwerwiegende Nachteile für die Arbeitnehmer – vor allem in der Rentenversicherung – nicht auszuschließen.
Die Entstehung des Beitragsanspruchs in der Sozialversicherung setzt grundsätzlich nicht die Durchsetzbarkeit der Ansprüche...