0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Art. 1 Nr. 5 des Einordnungsgesetzes v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2330) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.1989 in das SGB IV eingefügt. Sie wurde u. a. durch das Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit v. 23.7.2002 (BGBl. I S. 2787) sowie das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002 (BGBl. I S. 4621) geändert.
Rz. 2
Art. 1 Nr. 11 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz) v. 21.3.2005 (BGBl. I S. 818) ersetzte in Abs. 1 den Punkt am Satzende durch ein Semikolon und fügte folgenden Halbsatz an: "dies gilt bei mehreren Beschäftigungen gegenüber allen beteiligten Arbeitgebern." Die Änderung trat am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft (Art. 32 Abs. 5). Verkündet wurde das Gesetz am 29.3.2005, mithin trat die Änderung am 1.4.2005 in Kraft. Ausweislich der Begründung sollte hierdurch klargestellt werden, dass der Beschäftigte z. B. die Arbeitsentgelte, die zur Beitragsberechnung bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen nach der Gleitzone führen, allen beteiligten Arbeitgebern mitteilen und ggf. entsprechende Unterlagen vorlegen muss (BT-Drs. 15/4228 S. 23).
Rz. 3
Sodann fügte Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz – GKV-FinG) v. 22.12.2010 (BGBl. I S. 2309) in Abs. 1 nach dem Wort "Beschäftigungen" die Wörter "sowie bei Bezug weiterer in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtiger Einnahmen" ein. Die Änderung trat zum 1.1.2012 in Kraft (Art. 15 Abs. 7). Der Gesetzesbegründung zufolge soll hierdurch sichergestellt werden, dass eine mögliche Verrechnung von Beitragsansprüchen des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten nicht nur in den Fällen einer nicht mitgeteilten Beschäftigung, sondern auch in den Fällen nicht mitgeteilter weiterer sozialversicherungspflichtiger Einnahmen über die 3-Monats-Frist des § 28g Satz 3 hinaus besteht (BT-Drs. 17/3040 S. 33).
1 Allgemeines
Rz. 4
Die Vorschrift normiert Mitwirkungspflichten des Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber (Abs. 1) und dem Versicherungsträger (Abs. 2). Insoweit begründen die Vorschriften des SGB IV nicht nur Pflichten für die Arbeitgeber, sondern auch für die Beschäftigten. Die dem Beschäftigten auferlegte Mitwirkungsverpflichtung soll den Arbeitgeber in die Lage versetzen, seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen, denn er kann die Versicherungspflicht und die Beitragszahlung sowie die Meldevoraussetzungen erst dann hinreichend verlässlich beurteilen, wenn er die hierfür maßgebenden Tatsachen kennt. Das wiederum bedingt, dass der Beschäftigte ihm die hierzu erforderlichen Angaben macht bzw. aussagekräftige Unterlagen vorlegt. Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags ist der Arbeitgeber (§ 28e Abs. 1 Satz 1). Er ist deswegen gehalten, den Arbeitgeberbeitragsanteil und den Beitragsanteil des Beschäftigten zu errechnen und zu entrichten. Den auf den Beschäftigten entfallenden Beitragsanteil behält er vom Arbeitsentgelt ein (§ 28g Satz 2), um so die hälftige Beitragstragung im Innenverhältnis zu seinem Beschäftigten in den durch § 28g Satz 3 definierten Grenzen durchzuführen. Hieraus ergibt sich für den Arbeitgeber das Risiko, bei einer fehlerhaften Beurteilung der Versicherungs- und Beitragspflicht oder der Höhe des abzuführenden Beitrags neben dem von ihm finanzierten Beitragsanteil auch für den Beitragsanteil des Beschäftigten aufkommen zu müssen. Insoweit verlangt § 28o Abs. 1 vom Beschäftigten nicht nur, dass er dem Arbeitgeber die erforderlichen Angaben macht und Unterlagen vorlegt, vielmehr regelt die Vorschrift im Zusammenhang mit § 26, dass der Beschäftigte den Schutz des § 28g Satz 3 im Beitragsabzugsverfahren dann verliert, wenn er seinen Pflichten nach § 28o Abs. 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt (hierzu auch LAG München, Urteil v. 25.3.2009, 11 Sa 987/08; Segebrecht, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 28o Rz. 13).
Rz. 5
Auch die Versicherungsträger können ohne Mitwirkung des Arbeitnehmers ihren Aufgaben zur ordnungsgemäßen Beitragsentrichtung und zur Abgabe der Meldungen nicht nachkommen. Daher begründet Abs. 2 auch ihnen gegenüber eine Mitwirkungspflicht des Beschäftigten.
2 Rechtspraxis
2.1 Auskunfts- und Vorlagepflichten des Beschäftigten gegenüber seinem Arbeitgeber
Rz. 6
Die Vorschrift begründet eine Auskunfts- und Vorlagepflicht in zweifacher Hinsicht. Abs 1 HS 1 verpflichtet den Beschäftigten zunächst, die zur Durchführung des Meldeverfahrens (z. B. Bekanntgabe seiner Krankenkasse) und der Beitragszahlung erforderlichen Angaben gegenüber seinem Arbeitgeber zu machen und, soweit erforderlich, Unterlagen vorzulegen (hierzu BT-Drs. 11/2221 S. 25).
Rz. 7
Legal definiert ist die Beschäftigung in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Beschäftigung ist hiernach die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Hieraus ("insbesondere") folgt, dass die Begriffe "Beschäftigter" und "Arbeitnehmer" nicht deckungsgleich si...