0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist am 1.7.1977 in Kraft getreten und hat die bis dahin geltenden Regelungen nach § 6 Abs. 3, 4, 5, 7 und 8 des Selbstverwaltungsgesetzes (SVwG) ersetzt. Sie gilt seitdem unverändert.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Sie betrifft die vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft in einem Selbstverwaltungsorgan und ergänzt mit differenzierten Regelungen die Vorschrift des § 58 Abs. 2, in der das reguläre Ende der Mitgliedschaft geregelt ist. Den Fall wiederum, dass die Mitgliedschaft während der Amtsperiode beginnt, behandelt § 60.
Rz. 2
Eine abschließende Regelung der Fälle des Verlusts einer Mitgliedschaft enthält die Vorschrift nicht. Weitere Fälle können etwa sein
- eine einstweilige Anordnung des Sozialgerichts nach § 57 Abs. 6, die in die personelle Besetzung der Selbstverwaltungsorgane eingreift (vgl. § 57),
- die Rechtskraft eines Strafurteils, das einem Mitglied des Organs nach § 45 Abs. 1, 3, § 45a Abs. 1 StGB die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter abspricht (vgl. hierzu im Übrigen Düker, Komm. zur SVWO, Anm. 2).
Wenn die Mitgliedschaft in einem Selbstverwaltungsorgan aus den Gründen der Abs. 1 bis 5 endet, so tritt an seine Stelle bis zur Ergänzung des Organs nach § 60 ein Stellvertreter (Abs. 6).
2 Rechtspraxis
2.1 Verlust der Mitgliedschaft (Abs. 1)
Rz. 3
Die in Abs. 1 aufgezählten Fälle des Verlustes der Mitgliedschaft – Tod (Nr. 1), Erwerb der Mitgliedschaft in einem anderen Selbstverwaltungsorgan (Nr. 2) und Eintritt der Unanfechtbarkeit eines Beschlusses nach Abs. 2 oder 3 (Nr. 3) – legen fest, wann die Mitgliedschaft vorzeitig endet. In den Fällen der Nr. 2 trägt die Vorschrift der Regelung nach § 43 Abs. 3 Rechnung. Nach dieser Vorschrift, die einer Interessenkollision vorbeugen soll, ist es nicht zulässig, dass Mitglieder der Vertreterversammlung und ihre Stellvertreter gleichzeitig bei demselben Versicherungsträger Mitglieder des Vorstandes oder deren Stellvertreter sind (Satz 1). Auch ist die gleichzeitige Mitgliedschaft in den Selbstverwaltungsorganen mehrerer Krankenkassen ausgeschlossen (Satz 2). Für den Fall, dass nach einer Sozialversicherungswahl ein Mitglied der Vertreterversammlung in den Vorstand gewählt wird und dieses Mitglied dadurch aus der Vertreterversammlung ausscheidet, ordnet § 79 Abs. 2 Satz 1 SVWO im Hinblick auf § 59 Abs. 1 die unverzügliche Durchführung einer Ergänzungswahl nach § 60 Abs. 1 an. In den Fällen der Nr. 1 und 2 bedarf es keines gesonderten Beschlusses.
2.2 Amtsentbindung und Amtsenthebung (Abs. 2 bis 5)
Rz. 4
In den durch Abs. 2 bis 5 geregelten Fällen der Amtsenthebung und Amtsentbindung erfolgt der Verlust der Mitgliedschaft nach Abs. 1 Nr. 3 mit dem Eintritt der Rechtskraft der zu Grunde liegenden Entscheidung des Vorstandes.
Rz. 5
Sowohl die Entbindung vom Amt nach Abs. 2 als auch die Amtsenthebung nach Abs. 3 erfolgt durch Beschluss des Vorstandes. Beide Wege, einem Organmitglied sein Amt zu nehmen, unterscheiden sich jedoch von ihren Voraussetzungen her: Die Entbindung vom Amt erfordert nach Abs. 2 Satz 1 "nur" entweder einen wichtigen Grund oder das Nichtvorliegen oder das Entfallen der Voraussetzungen für die Wählbarkeit (nach § 51). Der hier verwendete Begriff des wichtigen Grundes ist ein sog. unbestimmter Rechtsbegriff. Ein solcher Begriff bedarf der näheren Bestimmung und Abgrenzung durch Verwaltung und Rechtsprechung. Er ist im gerichtlichen verfahren uneingeschränkt überprüfbar.
Die Amtsenthebung hingegen setzt nach Abs. 3 Satz 1 einen schuldhaften groben Verstoß gegen die Amtspflichten des Organmitglieds voraus, bei dem allerdings die absichtliche Verletzung der Amtspflicht nicht notwendig vorliegen muss (vgl. BSG, SozR 2100 § 59 SGB IV Nr. 1). Im Fall der Amtsentbindung hat das Mitglied dem Vorstandsvorsitzenden unverzüglich seine die Wählbarkeit berührenden Veränderungen mitzuteilen (Abs. 2 Satz 2). Bei der Amtsenthebung kann der Vorstand die sofortige Vollziehung des Beschlusses anordnen (Abs. 3 Satz 2). Ein Beschluss nach Abs. 2 oder 3, der ein Mitglied der Vertreterversammlung betrifft, bedarf der Zustimmung des Vorsitzenden der Vertreterversammlung oder – wenn der Vorsitzende der Vertreterversammlung betroffen ist – der Vertreterversammlung (Abs. 4).
Rz. 6
Die Bestimmungen nach Abs. 2 und 3, die ausdrücklich nur auf die Vertreterversammlung und den (ehrenamtlichen) Vorstand abstellen, sind auf den bei den Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie den Ersatzkassen anstelle dieser Gremien bestehenden Verwaltungsrat und den hauptamtlichen Vorstand entsprechend anwendbar (§ 31 Abs. 3a, § 35a Abs. 7).
Rz. 7
Die Beschlüsse nach Abs. 2 und 3 bewirken den Verlust der Mitgliedschaft, wenn sie unanfechtbar sind. Der Betroffene kann jedoch Widerspruch einlegen, der aufschiebende Wirkung hat. Über den Widerspruch entscheidet der Vorstand durch Widerspruchsbescheid. Dieser kann mit der Klage angefochten werden, die ebenfalls aufschiebende Wirkung hat. Da ausdrücklich nur in den Fällen des Abs. 3 dem Vorstand die Möglichkeit eingeräumt wird, die sofortige Vollziehung anzuordnen, ist bei einer Amtsentbindung nach Abs. 2 auch ein Antrag des Vorstandes nach § 8...