0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 122 ist gemäß Art. 1, Art. 85 Abs. 1 RRG 1992 v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) mit Wirkung zum 1.1.1992 in Kraft getreten.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift enthält Regelungen zur Berechnung von Zeiten. Unberührt hiervon bleibt die Berechnung von Fristen, die lex specialis in § 26 SGB X, §§ 187 bis 193 BGB geregelt ist.
Rz. 3
Abs. 1 regelt, dass ein Kalendermonat, der nur zum Teil mit rentenrechtlichen Zeiten belegt ist, als voller Monat zählt. Nach dem sog. "Monatsprinzip" ist damit der Kalendermonat die kleinste Zeiteinheit im Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung.
Abs. 2 Satz 1 stellt klar, dass ein Zeitraum, der nach Jahren bestimmt ist, für jedes zu berücksichtigende Jahr 12 Kalendermonate umfasst. Soweit für den Beginn oder das Ende eines Zeitraums ein Ereignis maßgebend ist (z. B. der Tag nach Vollendung des 17. Lebensjahres für den Beginn einer Ausbildungsanrechnungszeit oder der Tag des Eintritts von Erwerbsminderung als Endzeitpunkt für die Berücksichtigung von rentenrechtlichen Zeiten mit Ausnahme der Zurechnungszeit), regelt Abs. 2 Satz 2, dass der Kalendermonat, in den das maßgebende Ereignis fällt, mitzuzählen ist.
Abs. 3 bestimmt für rentenrechtliche Zeiten, die nur bis zu einer Höchstdauer angerechnet werden können (z. B. Ausbildungsanrechnungszeiten bis zu 8 Jahren), dass die am weitesten zurückliegenden Kalendermonate zunächst zu berücksichtigen sind.
2 Rechtspraxis
2.1 Teilmonate gelten als volle Monate
Rz. 4
Abs. 1 bestimmt, dass ein Kalendermonat, der nur zum Teil mit rentenrechtlichen Zeiten belegt ist, als voller Monat zählt. Dies gilt selbst dann, wenn ein Kalendermonat nur an einem einzigen Tag mit einer rentenrechtlichen Zeit belegt ist.
Soweit Kalendermonate mit mehreren unterschiedlichen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind (z. B. mit einer Beitragszeit und einer Anrechnungszeit), sind diese als beitragsgeminderte Zeiten i. S. v. § 54 Abs. 3 allerdings nur einmal als rentenrechtliche Zeit (z. B. bei Prüfung von Wartezeiten) anzurechnen, obwohl das seit dem 1.1.1992 geltende Recht grundsätzlich keine Verdrängung einzelner rentenrechtlicher Zeiten mehr vorsieht.
Rz. 5
2.1.2023 bis 11.6.2023 |
= Beitragszeit allgemeine Rentenversicherung gemäß § 55 Abs. 1 |
12.6.2023 bis 22.10.2023 |
= Anrechnungszeit wegen Mutterschutzfristen gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 |
Lösung: |
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2.1.2023 bis 11.6.2023 |
= 6 Kalendermonate Beitragszeit (§ 55 Abs. 1) |
12.6.2023 bis 22.10.2023 |
= 5 Kalendermonate Anrechnungszeit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2) |
Dabei ist der Monat Juni 2023 sowohl mit einer Beitragszeit als auch mit einer Anrechnungszeit belegt und deshalb als beitragsgeminderte Zeit i. S. v. § 54 Abs. 3 zu berücksichtigen, sodass sich gemäß § 122 Abs. 1 für das Jahr 2023 insgesamt 10 Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten (§ 54 Abs. 1) ergeben. |
Rz. 6
Nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) wurden in der Rentenversicherung der Arbeiter für abhängig Beschäftigte bis zum 28.2.1942 und für pflichtversicherte Handwerker bis zum 31.12.1956 Wochenbeiträge gezahlt.
Für die Ermittlung der Anzahl der anzurechnenden Kalendermonate enthält das SGB VI bei Zahlung von Wochenbeiträgen keine spezielle Regelung. Die nach früherem RVO-Recht für die Anerkennung von Kalendermonaten mit Beitragszeiten vorzunehmende Umrechnung von Wochen in Monate ist vielmehr seit dem 1.1.1992 ersatzlos entfallen. Für etwaige Wochenbeiträge gilt somit ebenfalls die in Abs. 1 enthaltene Regelung, nach der Kalendermonate, die nur teilweise mit rentenrechtlichen Zeiten belegt sind, als volle Monate zählen. Demzufolge sind Wochenbeiträge, die zeitlich 2 Kalendermonaten zuzuordnen sind, weil die jeweilige Kalenderwoche in einem Kalendermonat beginnt und erst im folgenden Kalendermonat endet, als 2 volle Monate mit rentenrechtlichen Zeiten anzurechnen.
Die Anrechnung von Wochenbeiträgen als rentenrechtliche Zeit ist in der Verwaltungspraxis allerdings wegen Zeitablaufs nur noch von untergeordneter Bedeutung.
2.2 Berechnung von Jahreszeiträumen
Rz. 7
Ein Zeitraum, der nach Jahren bestimmt ist, umfasst für jedes zu berücksichtigende Jahr 12 Kalendermonate (Abs. 2 Satz 1); dabei müssen die jeweiligen Zeiten nicht zusammenhängend verlaufen.
Rz. 8
Abs. 2 Satz 1 findet insbesondere Anwendung bei der
- Prüfung von Wartezeiten für Rentenansprüche oder Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe (z. B. bei Prüfung der allgemeinen Wartezeit von 5 Jahren gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 oder der Wartezeiten von 15, 20, 25, 35 oder 45 Jahren gemäß §§ 50 Abs. 2 bis 5, 51 Abs. 1 bis 4),
- Prüfung des Vorliegens von 3 Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 45 Abs. 1 Nr. 2),
- Prüfung der 5-jährigen Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung in der allgemeinen Rentenversicherung als Voraussetzung für die Ermittlung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten mit Sachbezug (§ 259),
- Prüfung des Nachweises von 35 Jahren mit rentenrechtlichen Zeiten für die Berücksichtigung von Mind...