Rz. 6
§ 101 Abs. 3 Satz 4 i. d. F. bis 31.12.2009 sah vor, dass in den Fällen des § 101 Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB VI (Rentnerprivileg, vgl. Rz. 11) und des § 5 VAHRG (Unterhaltsfälle) der Rentenbescheid eines Leistungsbeziehers im Falle einer rückwirkend zu zahlenden oder erst später bekannt gewordenen Rente aus der Versicherung des anderen Ehegatten/Lebenspartners, auch rückwirkend – unter Außerachtlassung von §§ 24, 48 SGB X – aufgehoben werden kann.
Rz. 7
Sinn des § 268a Abs. 1 SGB VI, der § 101 Abs. 3 S. 4 a. F. in bestimmten Fällen für nicht anwendbar erklärt, ist die Schaffung einer zusätzlichen Vertrauensschutzregelung im Zusammenhang mit der Aufhebung von Rentenbescheiden. Danach ist die rückwirkende Aufhebung Rentenbescheids unter den vereinfachten Bedingungen, wie sie in § 101 Abs. 3 S. 4 SGB VI (in der Fassung bis 31.8.2009) vorgesehen war – also ohne Berücksichtigung von §§ 24, 48 SGB X –, ausgeschlossen, wenn die in § 268a Abs. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Die Einfügung von § 101 Abs. 3 S. 4 durch das Verwaltungsvereinfachungsgesetz mit Wirkung zum 30.3.2005 bedeutete daher für die leistungsberechtigte Person (Rentner) einen erheblichen Einschnitt in ihre Rechte, weil die Bescheidaufhebung unter erleichterten Bedingungen möglich geworden ist. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sollte die Neuregelung hinsichtlich der Änderung des Rentenzahlbetrages im Rahmen des Rentnerprivilegs nicht für die Fälle anwendbar sein, in denen schon vor Inkrafttreten der Änderung von § 101 Abs. 3 sowohl die zunächst noch nicht aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzte Rente begonnen hatte als auch die Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich bereits wirksam geworden war (so ausdrücklich die gesetzgeberischen Erwägungen, BT-Drucksachen 15/4228, S. 12, 29).
Rz. 8
Der rechtliche Hintergrund für den zusätzlichen Vertrauensschutz nach § 268a Abs. 1 ergibt sich durch die Einfügung von § 101 Abs. 3 Satz 4. Die Außerachtlassung von §§ 24, 48 SGB X in § 101 Abs. 3 Satz 4 war durch das Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz) v. 21.3.2005 (BGBl. I S. 818) ab 30.3.2005 eingefügt worden. Die Aufhebung erfolgt(e) daher unter erleichterten Bedingungen und bedeutet(e) einen Einschnitt in die Rechte des Rentners. Eine Aufhebung des Rentenbescheides des Leistungsberechtigten vom Zeitpunkt des Beginns dieser Rente bei rückwirkender oder erst nachträglich bekannt werdender Rentenleistung aus der Versicherung des anderen Ehegatten oder Lebenspartners konnte ohne Beachtung von § 24 SGB X (Anhörung Beteiligter) und ohne Beachtung von § 48 SGB X (Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse) erfolgen (zum rechtlichen Hintergrund für den zusätzlichen Vertrauensschutz, vgl. auch GRA der DRV zu § 268a SGB VI, Stand: 23.12.2020, Abschn. 3.1). Diese Anordnung wird durch Abs. 1 gerade eingeschränkt.
Rz. 9
Die Vertrauensschutzregelung ist an 2 gesetzlich normierte Voraussetzungen geknüpft. Die Vertrauensschutzregelung in Abs. 1 schließt daher eine rückwirkende Neufeststellung jedenfalls ohne Beachtung der §§ 24, 48 SGB X unter folgenden Voraussetzungen aus: (1) sofern die zunächst nicht im Rahmen des Versorgungsausgleichs gekürzte Rente vor dem Stichtag 30.3.2005 begonnen hat und (2) die Entscheidung über den Versorgungsausgleich ebenfalls vor dem Stichtag 30.3.2005 rechtsverbindlich geworden ist (GRA der DRV zu § 268a SGB VI, Stand: 23.12.2020, Abschn. 3 und 3.1.; vgl. auch BT-Drs. 15/4228 S. 29).
Rz. 10
Liegen daher Rentenbeginn und Wirksamkeit der familiengerichtlichen Entscheidung vor dem Stichtag 30.3.2005, ist die Anwendung von § 101 Abs. 3 Satz 4 SGB VI (in der Fassung bis 31.8.2009) ausgeschlossen. In diesen Fällen sind vor der Aufhebung des Rentenbescheids weiterhin die §§ 24, 48 SGB X anzuwenden (zutreffend: GRA der DRV zu § 268a SGB VI, Stand: 23.12.2020, Abschn. 3.1); in der Anwendung dieser Schutzregelungen der vorherigen Anhörung nach § 24 SGB X und der Berücksichtigung der besonderen Vertrauensschutzaspekte des § 48 SGB X liegt gerade der Sinn des § 268a Abs. 1 als zusätzlichen Vertrauensschutzregelung. Das bedeutet, dass in diesen Fällen für die Aufhebung des Leistungsbescheides – nach vorheriger Anhörung gemäß § 24 SGB X – § 48 SGB X Anwendung findet. Die Rentenkürzung beim Ausgleichspflichtigen kann insoweit frühestens erst vom Ablauf des Monats der "Bösgläubigkeit" i. S. v. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X an erfolgen.