Rz. 2
Die Bezeichnung der in § 35 geregelten Altersrentenart als "Regelaltersrente" soll verdeutlichen, dass es sich bei diesem Rentenanspruch um die üblicherweise zu erbringende Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung handelt. Nach dem Wortlaut der Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Versicherteneigenschaft nachweisen, die Regelaltersgrenze erreicht haben und die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (§ 50 Abs. 1 Satz 1) erfüllen.
Eine vorzeitige Inanspruchnahme der Regelaltersrente ist gesetzlich nicht vorgesehen und damit unzulässig. Mit Blick auf die in § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b enthaltene Regelung zur Erhöhung des Zugangsfaktors bei Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte für Versicherte, die eine Regelaltersrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch nehmen, besteht allerdings die Möglichkeit, einen späteren als den in Abhängigkeit vom Lebensalter frühestmöglichen Rentenbeginn bestimmen. Für jeden Kalendermonat der späteren Inanspruchnahme der Regelaltersrente erhöht sich die Monatsrente (§ 64) um 0,5 %.
Die Regelaltersrente ist gemäß § 18 Satz 2 Nr. 2 SGB X i. V. m. § 115 Abs. 1 Satz 1 grundsätzlich auf Antrag zu leisten. Soweit ein Versicherter allerdings bis zum Kalendermonat des Erreichens der Regelaltersgrenze eine Rente wegen Erwerbsminderung (§§ 43, 45, 240, 302a, 302b) oder eine Erziehungsrente (§ 47, § 243a) bezogen hat, ist in unmittelbarem Anschluss daran von Amts wegen die Regelaltersrente zu leisten, wenn der Versicherte im Einzelfall nicht etwas anderes bestimmt (§ 115 Abs. 3 Satz 1).
§ 35 enthält die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung einer Regelaltersrente für Versicherte der Geburtsjahrgänge ab 1964; für vor dem 1.1.1964 geborene Versicherte ist die Übergangsregelung des § 235 für den Zugang zu dieser Altersrente einschlägig. Insoweit wird auf die Kommentierung zu § 235 verwiesen.
Rz. 2a
Eine abschlagsfreie Altersrente kann grundsätzlich nur nach Erreichen der Regelaltersgrenze, die sich im Einzelnen aus §§ 35 Satz 2, 235 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ergibt, geleistet werden. Mit der stufenweisen Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 Jahren auf 67 Jahre, die gemäß § 235 Abs. 2 mit Wirkung zum 1.1.2012 begonnen hat, wurde zeitgleich eine neue Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§ 38) in den Katalog der Altersrenten der gesetzlichen Rentenversicherung aufgenommen. Nach § 38 können Versicherte weiterhin bereits nach Vollendung ihres 65. Lebensjahres abschlagsfrei eine Altersrente in Anspruch nehmen, wenn sie die Wartezeit von 45 Jahren (§§ 50 Abs. 5, 51 Abs. 3a, 244 Abs. 3) erfüllen. Abweichend von der in § 38 genannten Altersgrenze von 65 Jahren kann die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit Wirkung zum 1.7.2014 übergangsweise bereits nach Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen werden (§ 236b Abs. 1). Die Altersgrenze von 63 Jahren gilt dabei allerdings nur für Versicherte, die vor dem 1.1.1953 geboren sind. Für Versicherte der Geburtsjahrgänge 1953 bis 1963 wird die Altersgrenze von 63 Jahren stufenweise auf 64 Jahre und 10 Monate angehoben (§ 236b Abs. 2 i. d. F. des Leistungsverbesserungsgesetzes v. 23.6.2014, BGBl. I S. 787). Ab dem Geburtsjahrgang 1964 ist dann wieder ausschließlich die in § 38 genannte Altersgrenze von 65 Jahren für einen abschlagsfreien Altersrentenanspruch maßgebend.
Rz. 2b
Die vollständige Umsetzung der Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre ab dem Jahr 2012 setzt nach dem Willen des Gesetzgebers eine nachhaltige Verbesserung der Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer voraus. Gesetzlich ist daher festgelegt, dass die Bundesregierung den gesetzgebenden Körperschaften vom Jahr 2010 an alle 4 Jahre über die Entwicklung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zu berichten und eine Einschätzung darüber abzugeben hat, ob die Anhebung der Regelaltersgrenze unter Berücksichtigung der Entwicklung der Arbeitsmarktlage sowie der wirtschaftlichen und sozialen Situation älterer Arbeitnehmer weiterhin vertretbar erscheint und die mit dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (BGBl. I S. 554) getroffenen Neuregelungen hinsichtlich der Anhebung der Altersgrenzen bestehen bleiben können (§ 154 Abs. 4).