Rz. 2
Mit dem Inkrafttreten des SGB VI durch das RRG 1992 v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) wurden im Rentenrecht erstmalig Regelungen zur Flexibilisierung der Altersgrenzen für Ansprüche auf vorzeitige Altersrenten eingeführt. Diese waren gleichzeitig mit Rentenabschlägen von 0,3 % für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Inanspruchnahme der Renten verbunden. Bei einer Regelaltersgrenze von 67 Jahren (§ 35 Satz 2) beträgt der Rentenabschlag (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) z. B. für Versicherte, die eine Altersrente für langjährig Versicherte (§ 36) vom Kalendermonat nach Vollendung ihres 63. Lebensjahres in Anspruch nehmen, 14,4 % der Monatsrente (§ 64). Für Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (§ 237) und für Altersrenten für Frauen (§ 237a) betrug der maximale Rentenabschlag sogar 18 % der Monatsrente (§ 64). Aufgrund der zum Teil erheblichen Abschläge, die mit einer vorzeitigen Inanspruchnahme von Altersrenten verbunden sind, hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.1.1992 als Ergänzung zum Kündigungsschutzgesetz (KSchG) die in § 41 Abs. 1 enthaltenen Schutzregelungen für Arbeitnehmer rentennaher Geburtsjahrgänge eingeführt. Die Verwaltungspraxis der Rentenversicherungsträger wird durch die darin enthaltenen reinen arbeitsrechtlichen Regelungen nicht tangiert.
§ 41 Abs. 1 Satz 1 bestimmt, dass allein die Möglichkeit, eine (vorzeitige) Altersrente nach den Vorschriften des SGB VI beziehen zu können, für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nicht ausschlaggebend sein darf. Durch diese arbeitsrechtliche Schutzvorschrift soll erreicht werden, dass ein Arbeitnehmer vor Erreichen seiner Regelaltersgrenze (§§ 35 Satz 2, 235 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2) frei über den Beginn seiner Altersrente entscheiden kann. Damit ist das im SGB VI verankerte sozialrechtliche Dispositionsrecht zur vorzeitigen Inanspruchnahme von Altersrenten mit Rentenabschlägen bzw. zur abschlagsfreien Inanspruchnahme einer Altersrente (z. B. der Regelaltersrente bei Erreichen der Regelaltersgrenze gemäß §§ 35, 235) allein den versicherten Arbeitnehmern vorbehalten; diesbezügliche Einschränkungen durch den Arbeitgeber sind unzulässig.
§ 41 Abs. 1 Satz 2 regelt, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis abweichend von § 41 Abs. 1 Satz 1 bei entsprechender tarifvertraglicher Regelung oder sonstiger Vereinbarung grundsätzlich auch vor Erreichen der Regelaltersgrenze (§§ 35 Satz 2, 235 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2) ohne Kündigung enden kann. Zum Schutz des Arbeitnehmers ist in diesen Fällen allerdings eine ausdrückliche Bestätigung dieser Vereinbarung durch den Arbeitnehmer innerhalb der letzten 3 Jahre vor dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses erforderlich. Ohne die Bestätigung des Arbeitnehmers zu einem Zeitpunkt, in dem er bereits ein rentennahes Alter erreicht hat, gilt die Vereinbarung als auf das Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen.
Die in § 41 Abs. 1 Satz 3 enthaltene Regelung dient einer weiteren Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen. Danach können Arbeitgeber und Arbeitnehmer während eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses für Zeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze (§§ 35 Satz 2, 235 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2) eine zeitlich befristete Fortführung des Arbeitsverhältnisses – auch wiederholt – vereinbaren.
Rz. 3
§ 41 Abs. 2, der mit Wirkung zum 1.1.2025 durch das 4. Bürokratieentlastungsgesetz v. 29.10.2024 (BGBl. I S. 323) angefügt worden ist, enthält eine Formvorschrift für Vereinbarungen zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit Erreichen der Regelaltersgrenze (§§ 35 Satz 2, 235 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2). Danach gilt abweichend von § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz anstelle der Schriftform lediglich die Textform.