Rz. 3
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag kann ebenso wie ein Verwaltungsakt in Rechte eines Dritten eingreifen. Der beim Verwaltungsakt gegebene Schutz durch das Rechtsbehelfsverfahren wäre indessen gegenüber einem öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht gegeben. Deshalb trifft Abs. 1 eine ausdrückliche Regelung, dass die schriftliche Zustimmung des Dritten erforderlich ist. Soweit lediglich einzelne Vertragsteile in Rechte eines Dritten eingreifen, ist auch nur insoweit eine Zustimmung erforderlich. Dritte i. S. v. Abs. 1 können nur Privatrechtssubjekte sein (natürliche oder juristische Person, BSGE 92 S. 283), da die Beteiligung von Behörden abschließend in Abs. 2 geregelt ist. Unter Zustimmung fallen sowohl die vorherige Zustimmung (Einwilligung – § 183 BGB) als auch die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung – § 184 BGB). Allerdings kommt die nach § 184 Abs. 1 BGB grundsätzlich vorgesehene Rückwirkung der Genehmigung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht in Betracht, sondern der Vertrag erlangt erst bei Vorliegen der Genehmigung seine Rechtswirksamkeit. Dies ergibt sich zwingend aus dem Wortlaut "wird erst wirksam". Insoweit ist § 57 gegenüber den BGB-Vorschriften vorrangig (a. A. Kopp, VwVfG, § 58 Rz. 3; Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, § 57 Rz. 7). Die Zustimmung gegenüber einer Vertragspartei reicht aus (§ 181 Abs. 1 BGB); bloßes Schweigen gilt jedoch nicht als Zustimmung. Die Vertragspartner können ihre Willenserklärungen jedoch nicht vor der Zustimmung frei zurückziehen, denn nach § 145 BGB ist der Antragende an den Antrag gebunden.
Rz. 4
Deshalb müssen die Vertragspartner zunächst den Ablauf einer angemessenen Frist für die Zustimmungserklärung des Dritten abwarten. Danach können sie ihre Willenserklärungen zurückziehen, wobei der allgemeine Rechtsgedanke des Verschuldens bei Vertragsabschluss mit der Folge zu berücksichtigen ist, dass beide Vertragspartner sich im Rahmen ihrer Einwirkungsmöglichkeiten um die erforderliche Zustimmung zu bemühen haben. Sind die betroffenen Dritten gesetzlich oder aufgrund anderer vertraglicher Bindung verpflichtet, die Zustimmung zu erteilen, so kann dies erforderlichenfalls durch gerichtliche Entscheidung nach § 894 ZPO ersetzt werden.
Rz. 5
In das Recht eines Dritten wird eingegriffen, wenn der Vertrag nur unter Minderung oder Verschlechterung seiner Rechtspositionen durchgeführt werden kann (BSG, Urteil v. 28.4.2004, B 6 KA 8/03 R). Ein Eingriff in die Rechte eines Dritten liegt vor, wenn sein rechtlicher Status objektiv durch den Vertragsabschluss verschlechtert, vernichtet oder beeinträchtigt wird. Dabei ist ein Eingriff immer dann gegeben, wenn vertragliche Bestimmungen selbst in subjektiv-öffentliche Rechte eines Dritten eingreifen. Ein solcher Eingriff liegt jedoch nicht vor, wenn durch die vertraglichen Vereinbarungen eine bloß faktische Beeinträchtigung etwa durch Vereitelung künftiger Erwerbschancen entsteht (BSG, SozR 3-2500 § 109 Nr. 7). In der Literatur umstritten ist die Frage, ob eine Zustimmung gemäß Abs. 1 auch dann erforderlich ist, wenn zwar nicht durch die vertraglichen Bestimmungen unmittelbar in Rechte eines Dritten eingegriffen wird, sondern eine Behörde sich vertraglich verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, durch die dann in Rechte eines Dritten eingegriffen wird. Teilweise wird die Auffassung vertreten, der Dritte sei dadurch ausreichend geschützt, dass er gegen die dann ergriffenen Maßnahmen der Behörde mit Rechtsmitteln vorgehen könnte (Marschner, in: Pickel/Marschner, SGB X, § 57 Rz. 8; Siewert, in: GK-SGB X § 57 Rz. 13 f.). Die Verneinung der Zustimmungsbedürftigkeit führt jedoch dazu, dass der Dritte zuerst einmal mit einem Vertrag zu seinen Lasten belastet wird. Da eine solche Konstellation grundsätzlich vermieden werden soll, ist eine Zustimmungsbedürftigkeit anzunehmen (ebenso Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, § 57 Rz. 5 m. w. N.; Diering, in: LPK-SGB X, § 57 Rz. 4).
Rz. 5a
Die Zustimmung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Vertrag. Dieser ist bis zur Zustimmung schwebend unwirksam.
Rz. 6
Auf sog. Normsetzungsverträge (vgl. Komm. zu § 53) ist Abs. 1 nicht anwendbar, da bei diesen Verträgen der Eingriff nicht auf der vertraglichen Ebene, sondern durch die normative Wirkung erfolgt (BSGE 76 S. 48, 52; Boerner, SGb 2000 S. 389).
Rz. 7
Unbedenklich dürfte es sein, wenn die Behörde zur Einholung der Zustimmung die betroffenen Dritten gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 als Beteiligte zum Verfahren hinzuzieht. Teilweise wird gefordert, in den Fällen, in denen es unklar ist, ob ein Eingriff in Rechte Dritter vorliegt, dem Dritten den Vertrag analog § 37 bekannt zu geben und damit spätere Einsprüche zu präkludieren (Schmitz, NVwZ 2000 S. 1238).