Rz. 8
In der Gesetzesbegründung zur Anpassung von § 67a zum 25.5.2018 an die Vorgaben der DSGVO wird klargestellt: "Eine Einwilligung der betroffenen Person in die Datenerhebung ist dann nicht erforderlich" (BT-Drs. 18/12611). Sofern also die Sozialdaten zur gesetzlichen Aufgabenerfüllung der Stellen nach § 35 SGB I erforderlich sind, dürfen sie ohne Einwilligung der betroffenen Person erhoben werden. Dies bezieht sich zunächst auf den Umfang der Daten (die Erforderlichkeit); die weiteren Anforderungen des § 67a Abs. 2 sind zusätzlich zu beachten. Gleiches gilt für die Informationspflichten, die seit 25.5.2018 nicht mehr in § 67a sondern in Art. 13 und 14 DSGVO und in §§ 82 und 82a SGB X geregelt sind (vgl. die Komm. zu § 82 SGB X und zu § 82a SGB X).
Rz. 9
Aufgrund der unmittelbaren Rechtswirkung von Art. 6 DSGVO können personenbezogene Daten außerdem zulässig erhoben werden, wenn eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt. Darauf geht auch die Gesetzesbegründung zu § 67a Abs. 1 ein (BT-Drs. 18/12611); danach können nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a DSGVO "mit der Einwilligung der betroffenen Person Daten erhoben werden. Auch in anderen Fallkonstellationen ist bereits aufgrund der unmittelbar geltenden Verordnung eine Erhebung von Sozialdaten durch die in § 35 SGB I genannten Stellen zulässig; dies gilt z. B. wenn die Verarbeitung erforderlich ist, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2016/679)."
Rz. 10
Auch mit Einwilligung der betroffenen Person ist eine Erhebung von Sozialdaten durch die Stellen nach § 35 SGB I nicht willkürlich und unbegrenzt zulässig; sie muss im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenerfüllung erfolgen. Darauf wird in der Gesetzesbegründung ergänzend ausdrücklich hingewiesen. "Diese Verarbeitungsgrundlagen (Anm. hier die Einwilligung) stehen bei öffentlichen Stellen wiederum nach den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit für die Erfüllung von gesetzlichen Aufgaben (vgl. für Sozialversicherungsträger § 30 des Vierten Buches)". Die Erforderlichkeit bezieht sich hier nicht auf den Umfang der zu erhebenden Daten, sondern auf die gesetzlichen Aufgaben, wie sich aus dem Verweis auf § 30 SGB IV ergibt, der festlegt, dass die Stellen nur "Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden" dürfen.
Rz. 11
Neben den unbedingt und unbestritten zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten, die ohne Einwilligung erhoben werden dürfen, gibt es eine Vielzahl gesetzlicher Aufgaben der Stellen nach § 35 SGB I, bei denen nicht von vorneherein in jedem Einzelfall festgelegt werden kann, welche konkreten Daten tatsächlich zur Aufgabenerfüllung erforderlich sein werden. Dies ist insbesondere bei umfangreichen Erhebungen für die Entscheidung über Leistungsgewährungen der Fall, z. B. bei Anträgen auf Rehabilitationsleistungen oder Renten wegen Erwerbsminderung.
Viele Informationen in Form von personenbezogenen Daten können entscheidungsrelevant sein, können aber auch "nur" hilfreich bei der Entscheidungsfindung sein oder sie sind nicht in jedem Einzelfall relevant, die Erhebung erfolgt aber über Standardformulare, hier besonders gemeint sind die sog. Selbstauskunftsbogen. Um sich in dieser Grauzone datenschutzrechtlich abzusichern, arbeiten viele Stellen nach § 35 SGB I seit Jahren vorsorglich mit Einwilligungen der betroffenen Personen bzw. weisen auf die Freiwilligkeit der Angaben hin. Einige Aufsichtsbehörden beanstandeten dieses Vorgehen mit der Begründung, wenn Daten nicht eindeutig erforderlich zur Aufgabenerfüllung sind, dürfen sie nicht erhoben werden, auch nicht mit Einwilligung der betroffenen Person. Hier stützt Art. 6 Abs. 1 Buchst. a DSGVO seit 25.5.2018 sowie die Gesetzesbegründung zur Anpassung des § 67a (BT-Drs. 18/12611) die Vorgehensweise der Stellen nach § 35 SGB I.