Rz. 3
Die Unabhängigkeit der Gerichte kann nur dann gegeben sein, wenn eine Unabhängigkeit der Richter besteht, die in persönlicher und sachlicher Hinsicht garantiert sein muss (Art. 97 Abs. 1 und 2 GG). Die sachliche Unabhängigkeit sichert Art. 97 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem DRiG und den Richtergesetzen der Länder sämtlichen an der Rechtsprechung beteiligten Personen zu. Das sind die Berufsrichter (Richter auf Lebenszeit – § 10 DRiG, auf Zeit – § 11 DRiG, auf Probe – § 12 DRiG, kraft Auftrages – § 14 DRiG, die abgeordneten Richter – § 37 DRiG sowie die ehrenamtlichen Richter). Sie besteht für Richter auf Landes- und Bundesebene und für alle Zweige der Gerichtsbarkeit. Die persönliche Unabhängigkeit (primär: Unabsetzbarkeit, Unversetzbarkeit, Lebenszeitstellung, angemessene Alimentation) schützt gemäß Art. 97 Abs. 2 GG nur die hauptamtlichen und planmäßig endgültig angestellten Richter. Sie besteht umfassend damit – auch für alle Gerichtsbarkeiten – nur zugunsten der Richter auf Lebenszeit (§ 10 DRiG) und auf Zeit (§ 11 DRiG). Bei Richtern auf Probe und kraft Auftrages ist die persönliche Unabhängigkeit nur insoweit eingeschränkt, als eine Entlassung gemäß §§ 22, 23 DRiG erfolgen kann.
Rz. 4
Da die Richter allein dem Gesetz unterworfen sind, sind sie weder an Weisungen des Gesetzgebers gebunden, soweit sie nicht in Gesetzesform ergehen, noch unterliegen sie Weisungen der Exekutive. Die Bindung an das Gesetz verbietet aber nicht die Auslegung gesetzlicher Normen und die damit verbundene (richterliche) Rechtsfortbildung. Ihre Grenzen findet sie jedoch da, wo der geäußerte oder mutmaßliche Wille des Gesetzgebers die Interpretation durch die Gerichte nicht mehr deckt und die Auslegung damit contra legem erfolgt (BVerfG, Beschluss v. 26.11.2018, 1 BvR 318/17; Pieroth/Aubel, JZ 2003 S. 504). Die richterliche Unabhängigkeit führt aber nicht dazu, dass der Richter keinerlei (staatlichen) Einwirkungen unterworfen ist. Dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen gegenüber Richtern sind so lange keine Eingriffe in die Unabhängigkeit, wie sie sich im Rahmen von § 26 DRiG halten (BVerfG, Beschluss v. 22.10.1974, 2 BvR 147/70 für die Sozialgerichtsbarkeit). Soweit ein Richter sich in seiner Unabhängigkeit beeinträchtigt fühlt, hat er die Möglichkeit, das Richterdienstgericht anzurufen (§ 26 Abs. 2 DRiG). Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass damit der dienstaufsichtsführenden Stelle eine erhebliche Einwirkungsmöglichkeit gegeben ist, die als Ausdruck einer zulässigen Gewaltenverzahnung im Rahmen der grundgesetzlichen Bestimmungen angesehen wird. Die Zuweisung der sachlichen und personellen Mittel berührt die richterliche Arbeit ebenso wie die (Nicht-)Beförderung. Von einem Richter muss aber eine derart gereifte Persönlichkeit erwartet werden, dass die durch Maßnahmen der Dienstaufsicht bei ihm möglicherweise hervorgerufene Verärgerung sich nicht auf seine Meinungs- und Entscheidungsbildung auswirkt.