Rz. 12
Da die Widerklage eine eigenständige Klage ist, müssen für sie auch sämtliche allgemeinen Prozessvoraussetzungen erfüllt sein (BSG, Urteil v. 2.4.2009, B 2 U 20/07 R, SozR 4-2700 § 136 Nr. 5 = Breith 2010, 241; BSGE 3 S. 135, 140; BSGE 18 S. 293, 297 f. vgl. hierzu den dem Urteil des SG Dortmund v. 30.3.2004, S 9 KA 52/03, MedR 2005 S. 181, zugrunde liegenden Fall, in welchem das subjektive Klagerecht verneint wurde), mit Ausnahme der örtlichen Zuständigkeit. Denn die örtliche Zuständigkeit regelt § 100 gerade abweichend von den allgemeinen Zuständigkeitsregelungen. Ist die Widerklage zulässig, ist das Gericht der Hauptklage zuständig. Ist die Widerklage dagegen ausschließlich wegen des fehlenden Zusammenhangs nicht zulässig, so ist sie entweder als unabhängige Klage des Widerklägers zu behandeln oder bei Fehlen der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache nach § 98 an das örtlich zuständige Gericht zu verweisen.
Die Widerklage kann nicht unabhängig von der Zulässigkeit des Rechtswegs erhoben werden. Der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit muss gegeben sein (BSGE 18 S. 293, 297 f.).
Rz. 13
Weiterhin müssen auch die sonstigen klageartabhängigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sein. Ist die Widerklage z. B. eine Anfechtungsklage, muss das Vorverfahren nach §§ 78 ff. durchgeführt worden sein und es muss auch die Klagefrist des § 87 eingehalten werden (vgl. BSG, Breithaupt 1967 S. 1, 2). Soweit kein Verwaltungsakt angefochten wird, muss nach Auffassung des BSG auch dann keine Klagefrist eingehalten werden, wenn dies bei Erhebung einer selbständigen Klage der Fall wäre (SozR § 100 Nr. 3 = MDR 1960 S. 442; a. A. Pawlak, in: Hennig, § 100 Rn. 14).
Rz. 14
Schließlich setzt auch die Widerklage wie alle anderen Klagen ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Kann das Klageziel auf einfachere Art und Weise erreicht werden, ist die Widerklage unzulässig. Deshalb ist die Widerklage einer Behörde unzulässig, wenn sie den gleichen Erfolg auch durch Erlass eines Verwaltungsakts erzielen kann (BSGE 3 S. 135, 136; BSGE 6 S. 97; BSGE 15 S. 81, 83 = Breithaupt 1961 S. 1131; BSGE 17 S. 139, 143; BSGE 53 S. 212, 213). Regelmäßig wird einer Behörde bei einer einfachen oder kombinierten Anfechtungsklage das Rechtsschutzinteresse fehlen; das muss aber im Einzelfall geprüft werden (vgl. auch BSG, MDR 1973 S. 884). So kann ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen sein, wenn ein Verwaltungsakt nicht hätte erlassen werden dürfen (vgl. LSG Niedersachsen, Breithaupt 1981 S. 816, 819, und LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 6.12.2001, L 5 RJ 179/00, Breithaupt 2002 S. 183 = NZS 2002 S. 269).
Rz. 15
Für eine Feststellungsklage muss ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung bestehen, § 55 Abs. 1. Auch hieran fehlt es i. d. R., wenn die Behörde den Erfolg durch einen Verwaltungsakt selbst herbeiführen kann (a. A. LSG Bremen, Urteil v. 5.7.1995, L 1 Kr 17/94). Ein Interesse an der baldigen Feststellung i. S. d. § 55 Abs. 1 HS 2 ist jedes nach der Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art bei Bestehen einer Rechtsunsicherheit, die durch die Feststellung beseitigt werden kann (vgl. BSGE 15 S. 118, 126 f.; BSGE 69 S. 76, 77 = SozR 3-2500 § 59 Nr. 1). Das Interesse ist zu verneinen, wenn eine Rechtsunsicherheit aufgrund der Rechtskrafterstreckung eines anderweitigen Urteils, insbesondere eines Urteils in der Hauptsache, nicht mehr besteht (siehe hierzu das BSG, Urteil v. 13.8.1996, 12 RK 8/96) oder wenn lediglich die Feststellung von Tatsachen, die unter Umständen nicht einmal Element eines Rechtsverhältnisses sind, begehrt wird (vgl. BSG, SozR 3-2600 § 149 Nr. 3).