Rz. 14
Die Betreibensaufforderung nach § 102 Abs. 2 Satz 1 und 3 kann sich nur an den Kläger richten. Etwa fehlende Mitwirkungshandlungen anderer Beteiligter sind unerheblich. Bei einer Streitgenossenschaft i. S. d. § 74 ist ggf. nur ein Streitgenosse aufzufordern. Zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang den anderen Streitgenossen die fehlende Mitwirkung zuzurechnen ist.
Der Kläger ist in der Aufforderung konkret und eindeutig darauf hinzuweisen, was von ihm erwartet wird und welche Folge bei (weiterem) Ausbleiben der von ihm erwarteten Handlung eintritt (LSG Bayern, Urteil v. 13.7.2016, L 6 R 149/16). Die bloße Aufforderung, das Verfahren zu betreiben, genügt in aller Regel nicht (vgl. VGH Hessen, InfAuslR 1996 S. 362, und 1984 S. 26; Clausing, in: Schoch, § 92 VwGO Rn. 51). War der Kläger zu einer oder mehreren Mitwirkungshandlungen aufgefordert, müssen diese genau bezeichnet werden. Ansonsten muss er im Einzelnen darauf hingewiesen werden, weshalb Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses bestehen, damit er sich angemessen "verteidigen" kann. Ihm wird die letzte Nachfrist eingeräumt, um die aufgekommenen Zweifel zu beseitigen. Die Folgen einer Unterlassung müssen ihm klar sein. Fehler hierbei führen zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, § 62, Art. 103 GG. Bei privilegierten Klägern i. S. d. § 183 genügt der Hinweis auf den Eintritt der Erledigungswirkung nach § 102 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2. Nichtprivilegierte Kläger, denen gemäß § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 155 Abs. 2 VwGO automatisch Kosten entstehen, müssen auch auf diese Kostenfolge hingewiesen werden, § 102 Abs. 2 Satz 3.
Hingewiesen werden muss der Kläger nicht zwingend auf den genauen Fristablauf (so der BayVGH, Beschluss v. 24.11.1997, 22 ZB 97.3262, NVwZ 1998 S. 528; a. A. Clausing, in: Schoch, § 92 VwGO Rn. 53).
Rz. 15
Die Fiktionswirkung tritt nur ein, wenn der Kläger innerhalb der gesetzten 3-Monatsfrist die geforderte Handlung nicht oder nicht hinreichend vornimmt. Er muss darlegen, weshalb das Rechtsschutzbedürfnis entgegen der vorhandenen Indizien weiter fortbesteht. Ist er zu mehreren Verfahrenshandlungen aufgefordert, genügt es keinesfalls, dass er lediglich eine solche von nur untergeordneter Bedeutung vornimmt (vgl. BVerwG, Beschluss v. 7.7.2005, 10 BN 1/05; BVerwG, Urteil v. 13.1.1987, 9 C 259/86, NVwZ 1987 S. 605; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 30.9.2004, 4 K 20/03, NVwZ-RR 2005 S. 596).
Rz. 16
Die Betreibensaufforderung ist prozessleitende Verfügung i. S. d. § 172 Abs. 2. Sie muss schriftlich verfügt und mit vollem Namen unterzeichnet werden (BSG, Urteil v. 1.7.2010, B 13 R 58/09 R, BSGE 106, 254 = SozR-1500 § 102 Nr. 1); ein förmlicher Beschluss ist nicht erforderlich. Die Aufforderung ist zuzustellen, § 63. Auch die Ausfertigung muss den vollen Namen des Richters wiedergeben (BSG, a. a. O., und Beschluss v. 7.10.2015, B 14 AS 175/15 B). Die Frist beginnt mit der Zustellung. Es handelt sich um eine Ausschlussfrist, die nicht verlängert werden kann (BVerwG, Beschluss v. 6.7.2007, 8 B 51/07; BVerwG, Beschluss v. 25.11.2002, 8 B 112/02, Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 17; BayVGH, Beschluss v. 18.2.2004, 26 N 03.1167).