Rz. 11
Mit der Übermittlung der Abschrift soll gleichzeitig die Aufforderung zur Äußerung erfolgen. Der Wortlaut des § 104 Satz 2 ("ergeht") legt es zwar näher, eine Verpflichtung des Vorsitzenden zur Aufforderung anzunehmen. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift – Wahrung des rechtlichen Gehörs sowie frühzeitige Aufklärung des Sachverhalts – kann aber zumindest nicht von einer Verpflichtung ohne jede Ausnahme ausgegangen werden. Es kann geradezu untunlich sein, den Beklagten zur Äußerung aufzufordern, z. B. wenn die Klageschrift zunächst zur Fristwahrung erhoben und noch gar nicht begründet worden ist. Die Vorschrift ist daher eher als Soll-Bestimmung zu verstehen. Eine Aufforderung zur Äußerung ist deswegen grundsätzlich vorzunehmen, es sei denn, es besteht ein Grund, davon abzusehen.
Rz. 12
Geben die übrigen Beteiligten trotz Aufforderung keine Stellungnahme ab, so ist den Anforderungen des § 104 gleichwohl Genüge getan. Es soll nur sichergestellt werden, dass die Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung haben. Erachtet der Vorsitzende eine Stellungnahme für unabdingbar, bestehen kaum Durchsetzungsmöglichkeiten. In Betracht zu ziehen wäre die Durchführung eines Erörterungstermins mit den Beteiligten nach § 106 Abs. 3 Nr. 7. Das Unterlassen einer Äußerung kann sich ungünstig für den Beteiligten auswirken. Vor allem können sich dadurch Einschränkungen der Ermittlungspflicht ergeben, da der Vorsitzende einen unbestrittenen Sachverhalt als richtig unterstellen kann, wenn keine anderweitigen Anhaltspunkte dagegen sprechen. Muss eine mündliche Verhandlung durch Verschulden eines Beteiligten bzw. dessen Vertreters oder Bevollmächtigten vertagt werden oder wird die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig, so können dem Beteiligten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, ggf. i. V. m. Satz 2, Kosten auferlegt werden.
Rz. 13
Die Aufforderung bezieht sich auf die Abgabe einer schriftlichen Äußerung. Eine schriftliche Äußerung ist bereits deshalb notwendig, weil den übrigen Beteiligten wiederum Gelegenheit eingeräumt werden muss, zu der Äußerung Stellung zu nehmen. Die Form ist nach § 104 Satz 2 HS 2 aber auch durch die Aufnahme einer Niederschrift durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gewahrt; die Regelung verweist auf § 90, der wiederum die Form für die Klageerhebung festlegt und dabei die Niederschrift vorsieht. Insbesondere Prozesserklärungen sind in mündlicher Form im Allgemeinen nicht wirksam. Eine mündliche Äußerung kann aber als Vermerk in den Gerichtsakten festgehalten werden und den übrigen Beteiligten mitgeteilt werden. Auf diese Art kann eine mündliche Äußerung (zum Sachverhalt oder einer Rechtsansicht) in den Prozess eingeführt werden.