2.1 § 159 ZPO
Rz. 2
§ 159 ZPO bestimmt, worüber ein Protokoll aufzunehmen ist. Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift nennt die mündliche Verhandlung und die Beweisaufnahme. Aus § 159 Abs. 2 ZPO folgt inzidenter, dass generell bei Durchführung gerichtlicher Verhandlungen Protokoll zu führen ist. Der Begriff der Verhandlung ist dabei über den Wortsinn hinaus auszulegen. Dies ist für das sozialgerichtliche Verfahren von Bedeutung insbesondere im Hinblick auf den Erörterungstermin i. S. d. § 106 Abs. 3 Nr. 7. Auch dort ist Protokoll zu führen.
Die Protokollführung ist verpflichtend. Der Vorsitzende kann nicht nach Ermessen davon absehen.
Rz. 3
Nur noch beschränkten Entscheidungsspielraum hat der Vorsitzende hinsichtlich der Frage, wer die Protokollführung durchführt. Der Vorsitzende kann nach Maßgabe von § 159 Abs. 1 Satz 2 ZPO nur noch im Ausnahmefall einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle hinzuziehen. Ansonsten führt das Gericht selbst Protokoll. Den in der Praxis immer wieder diskutierten Gegensatz der Zuziehung eines Urkundsbeamten einerseits und der vorläufigen Aufzeichnung mittels Diktiergerätes hat der Gesetzgeber allerdings interessanterweise gar nicht aufgestellt. Die Art und Weise der Protokollführung, insbesondere die Frage, ob sächliche Mittel benutzt werden, hat der Gesetzgeber vielmehr losgelöst von der Person des Protokollführers geregelt. Nach dem gesetzlichen Grundmodell kann sowohl der Vorsitzende als auch der Urkundsbeamte auf verschiedene Art und Weise die Protokollführung gestalten. § 160a ZPO differenziert nicht nach der Person des Protokollführers. Denkbar ist also insbesondere auch, dass der Urkundsbeamte in der Sitzung ein Diktiergerät benutzt. Im Gegensatz zum Vorsitzenden ist der Urkundsbeamte indes in der Wahl des Mittels weisungsabhängig.
Der Richter hat keine rechtliche Möglichkeit, auf die Auswahl der Person des Protokoll führenden Urkundsbeamten Einfluss zu nehmen. Die Auswahl ist vielmehr allein Angelegenheit der Justizverwaltung (vgl. BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil v. 18.8.1987, RiZ [R] 3/87, NJW 1988 S. 417 f.).
Rz. 4
(Rn. 4 unbesetzt)
2.2 § 160 ZPO
Rz. 5
§ 160 Abs. 1 ZPO trifft eine Aussage über den Inhalt des Protokolls. Die Vorschrift verhält sich anders als die Abs. 2 und 3 nicht zu dem Verlauf der Verhandlung, sondern sie betrifft bestimmte Tatsachen, die bereits zu Beginn der Verhandlung feststehen.
§ 160 Abs. 2 ZPO bestimmt sodann, dass die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen sind. Als Vorgänge sind Dinge anzusehen, die den äußeren Geschehensablauf der Verhandlung betreffen, wobei eine Trennung von inhaltlichen Komponenten hier oftmals nicht möglich ist, so dass diese mitzuprotokollieren sind. Wesentlich sind alle entscheidungserheblichen Vorgänge, damit sich die Rechtsmittelinstanz von der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens effektiv überzeugen kann (BFH, Beschluss v. 27.12.2010, IX B 107/10, juris). Nicht zu den wesentlichen Vorgängen gehören die Sachverhaltsdarstellungen der Prozessbeteiligten (BFH, Beschluss v. 16.5.2007, V B 169/06, BFH/NV 2007 S. 1454; BPatG, Beschluss v. 29.1.2009, 4 Ni 66/06 [EU], juris), ebenso wenig Inhalt und Umfang der tatsächlichen Erörterung des Sach- und Streitstandes mit den Beteiligten (BFH, Beschluss v. 8.8.2011, XI B 53/11, juris).
Der eigenständige Regelungsbereich von Abs. 2 ist eingeschränkt durch Abs. 3, der einen Katalog von Vorgängen aufstellt, die im Protokoll festzustellen sind. Unter Abs. 2 wird man etwa die Belehrung des Zeugen nach § 395 Abs. 1 ZPO subsumieren können. Auch findet § 160 Abs. 2 ZPO auf den Übergang von einem Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin zu einer mündlichen Verhandlung Anwendung (BSG, Urteil v. 28.3.2000, B 8 KN 7/99 R, SozR 3 1500 § 61 Nr. 1) sowie auf ein Ablehnungsgesuch (OLG Brandenburg, Beschluss v. 1.3.2011, 1 W 1/11, juris).
Der Katalog des § 160 Abs. 3 ZPO ist durch das Zivilprozessreformgesetz v. 27.7.2001 (BGBl. I S. 1887) um die Nr. 10 erweitert worden, wonach auch das Ergebnis der Güteverhandlung im Protokoll festzustellen ist. Fraglich ist, ob als Güteverhandlung im Sinne dieser Vorschrift der Erörterungstermin nach § 106 Abs. 3 Nr. 7 angesehen werden kann. Im Ergebnis wird man dies verneinen müssen, da die Einleitungsworte des § 106 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 der Vorschrift klarstellen, dass ein Erörterungstermin zu dem Zweck anberaumt wird, den Rechtsstreit sodann in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Dem Erörterungstermin wird damit grundsätzlich ein anderer Sinn zugewiesen als der, eine gütliche Verständigung herbeizuführen. Es ist andererseits an keiner Stelle untersagt, auch in einem Erörterungstermin auf einen gütlichen Abschluss des Verfahrens hinzuwirken, und wenn dies gelingt, greifen selbstverständlich die Nr. 1 oder 8 des § 160 Abs. 3 ZPO ein.
Hervorzuheben ist ansonsten, dass nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO die Aussagen der vernommenen Parteien in dem Protokoll festzustellen sind. Da das sozialgerichtliche Verfahren das Institut der Parteivernehmung nicht kennt, findet die Vorschrift insofern keine ...