Rz. 5

§ 160 Abs. 1 ZPO trifft eine Aussage über den Inhalt des Protokolls. Die Vorschrift verhält sich anders als die Abs. 2 und 3 nicht zu dem Verlauf der Verhandlung, sondern sie betrifft bestimmte Tatsachen, die bereits zu Beginn der Verhandlung feststehen.

§ 160 Abs. 2 ZPO bestimmt sodann, dass die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen sind. Als Vorgänge sind Dinge anzusehen, die den äußeren Geschehensablauf der Verhandlung betreffen, wobei eine Trennung von inhaltlichen Komponenten hier oftmals nicht möglich ist, so dass diese mitzuprotokollieren sind. Wesentlich sind alle entscheidungserheblichen Vorgänge, damit sich die Rechtsmittelinstanz von der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens effektiv überzeugen kann (BFH, Beschluss v. 27.12.2010, IX B 107/10, juris). Nicht zu den wesentlichen Vorgängen gehören die Sachverhaltsdarstellungen der Prozessbeteiligten (BFH, Beschluss v. 16.5.2007, V B 169/06, BFH/NV 2007 S. 1454; BPatG, Beschluss v. 29.1.2009, 4 Ni 66/06 [EU], juris), ebenso wenig Inhalt und Umfang der tatsächlichen Erörterung des Sach- und Streitstandes mit den Beteiligten (BFH, Beschluss v. 8.8.2011, XI B 53/11, juris).

Der eigenständige Regelungsbereich von Abs. 2 ist eingeschränkt durch Abs. 3, der einen Katalog von Vorgängen aufstellt, die im Protokoll festzustellen sind. Unter Abs. 2 wird man etwa die Belehrung des Zeugen nach § 395 Abs. 1 ZPO subsumieren können. Auch findet § 160 Abs. 2 ZPO auf den Übergang von einem Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin zu einer mündlichen Verhandlung Anwendung (BSG, Urteil v. 28.3.2000, B 8 KN 7/99 R, SozR 3 1500 § 61 Nr. 1) sowie auf ein Ablehnungsgesuch (OLG Brandenburg, Beschluss v. 1.3.2011, 1 W 1/11, juris).

Der Katalog des § 160 Abs. 3 ZPO ist durch das Zivilprozessreformgesetz v. 27.7.2001 (BGBl. I S. 1887) um die Nr. 10 erweitert worden, wonach auch das Ergebnis der Güteverhandlung im Protokoll festzustellen ist. Fraglich ist, ob als Güteverhandlung im Sinne dieser Vorschrift der Erörterungstermin nach § 106 Abs. 3 Nr. 7 angesehen werden kann. Im Ergebnis wird man dies verneinen müssen, da die Einleitungsworte des § 106 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 der Vorschrift klarstellen, dass ein Erörterungstermin zu dem Zweck anberaumt wird, den Rechtsstreit sodann in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Dem Erörterungstermin wird damit grundsätzlich ein anderer Sinn zugewiesen als der, eine gütliche Verständigung herbeizuführen. Es ist andererseits an keiner Stelle untersagt, auch in einem Erörterungstermin auf einen gütlichen Abschluss des Verfahrens hinzuwirken, und wenn dies gelingt, greifen selbstverständlich die Nr. 1 oder 8 des § 160 Abs. 3 ZPO ein.

Hervorzuheben ist ansonsten, dass nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO die Aussagen der vernommenen Parteien in dem Protokoll festzustellen sind. Da das sozialgerichtliche Verfahren das Institut der Parteivernehmung nicht kennt, findet die Vorschrift insofern keine unmittelbare Anwendung (vgl. OVG NRW, Beschluss v. 23.12.2005, 11 A 1751/04, juris). Dies hat Bedeutung in dem Fall, dass ein Beteiligter in der Verhandlung ergänzenden Sachvortrag unterbreiten will. Das Gericht ist dann zwar verpflichtet, die entsprechende Erklärung, dass dies geschehen soll, zu Protokoll zu nehmen, es besteht jedoch keine Verpflichtung, den Sachvortrag selbst zu protokollieren. Der Beteiligte kann darauf verwiesen werden, einen entsprechenden Schriftsatz zu fertigen, sofern ihm dies in der Kürze der Zeit gelingt. Für bestimmte Vorgänge oder Äußerungen gilt § 160 Abs. 4 ZPO.

Zu § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO ist im Übrigen anzumerken, dass die Aussagen der Zeugen im Protokoll festzustellen sind. Verweigert ein Zeuge die Genehmigung hinsichtlich einer von ihm getätigten Aussage, so ist der Vorsitzende hierdurch nicht gemäß § 162 ZPO gehindert, sie zu Protokoll zu nehmen.

Begleitumstände von Zeugenaussagen wie Körpersprache und Mimik oder Interaktionen mit einem Prozessbeteiligten während der Aussage brauchen nicht protokolliert zu werden (BFH, Beschluss v. 7.2.2007, X B 105/06, AO-StB 2007 S. 962).

Anträge i. S. d. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO sind die Sachanträge, nicht aber Anträge, die nur das Verfahren betreffen (BVerwG, Beschluss v. 10.3.2011, 9 A 8/10, NVwZ-RR 2011 S. 383).

§ 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO gibt den Beteiligten ein Antragsrecht bezüglich der Protokollierung bestimmter Vorgänge oder Äußerungen. Der Antrag muss bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden und er darf nicht unter einem Vorbehalt oder einer Bedingung gestellt sein (BFH, Beschluss v. 16.1.2007, II S 16/06, juris; BFH, Beschluss v. 16.1.2007, II S 18/06, BFH/NV 2007 S. 939). Aus § 160 Abs. 4 Satz 2 ZPO folgt, dass die Aufnahme bestimmter Vorgänge oder Äußerungen der gesetzliche Regelfall ist, indem dort normiert ist, dass das Gericht von der Aufnahme nur absehen kann, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Der betreffende ablehnende Beschluss ist nach § 160 Abs. 4 Satz 3 HS 1 ZPO unanfechtbar. Dass er wiederum nach dem HS 2 der Vors...

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