Rz. 26
§ 128 Abs. 1 Satz 2 verlangt, dass im Urteil die Gründe anzugeben sind, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind. Wie umfangreich und detailliert dies im Einzelfall zu geschehen hat, lässt sich allerdings nicht abstrakt umschreiben und hängt von der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität des Sachverhalts und dem Umfang des zu berücksichtigenden Vortrags der Beteiligten ab (vgl. Giesbert, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 128 Rz. 83). Das BVerwG (z. B. Beschluss v. 1.9.1997, 8 B 141/97; BVerwG, Urteil v. 31.7.2002, 8 C 37/01) leitet den Maßstab aus der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 103 GG ab: Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG verpflichte der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Davon sei zwar grundsätzlich auszugehen, dies setze aber voraus, dass die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen jedenfalls in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (Hinweis auf BVerfGE 47, 182, 188 f.; BVerfGE 54, 43, 46; BVerfGE 86, 133, 146). Dementsprechend verlange die Begründungspflicht des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO, dem § 128 Abs. 1 Satz 2 SGG entspricht, dass in den Urteilsgründen die tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen wiedergegeben werden, die das Gericht bestimmt haben, die Voraussetzungen für seine Entscheidung als erfüllt anzusehen. Das Urteil muss danach erkennen lassen, dass das Gericht den ermittelten Tatsachenstoff wertend gesichtet hat und in welchen konkreten Bezug es ihn zu den angewandten Rechtsnormen gesetzt hat (BVerwGE 61, 365, 368; BVerwG, Beschluss v. 19.9.1997, 8 B 141/97; BVerwG, Urteil v. 31.7.2002, a. a. O.). Auch wenn das Gericht nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Argument in den Entscheidungsgründen zu befassen, ist es aber gehalten, in angemessener Weise zum Ausdruck zu bringen, weshalb es von einer Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen abgesehen hat (BVerwG, Urteil v. 31.7.2002, a. a. O.). Es genügt also nicht, dass das Gericht zur entscheidenden Frage zutreffende Rechtssätze aufstellt. Vielmehr gehört zu den Mindestanforderungen an die Entscheidungsgründe auch die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter die herangezogenen Rechtssätze (vgl. Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 117 Rz. 18). Mangelt es an der schlüssigen, insbesondere in sich widerspruchsfreien Darstellung der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1) gewonnenen Überzeugung des Gerichts, so betrifft dies bereits die tragfähige Grundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts und zugleich die Überprüfbarkeit seiner Entscheidung, ob die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 5.7.1994, 9 C 158.94; BVerwG, Beschluss v. 13.11.2007, 7 B 32/07). Noch keine Verletzung der Begründungspflicht liegt aber vor, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten. Vielmehr ist ein Urteil erst dann nicht mit ausreichenden Entscheidungsgründen versehen, wenn ihm hinreichende Gründe objektiv nicht entnommen werden können, etwa weil die angeführten Gründe unverständlich oder verworren sind, nur nichtssagende Redensarten enthalten oder zu einer vom Beteiligten aufgeworfenen, eingehend begründeten und für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage nur ausführt, dass diese Auffassung nicht zutreffe (vgl. etwa: BSG, Beschlüsse v. 19.5.2011, B 4 AS 2/11 B und v. 16.5.2011, B 11 AL 145/10 B jeweils m. w. N.).
Rz. 27
Im Allgemeinen genügt es, wenn der Begründung entnommen werden kann, dass das Gericht eine vernünftige und der jeweiligen Sache angemessene Gesamtwürdigung und Beurteilung vorgenommen hat. Nicht erforderlich ist danach insbesondere, dass sich das Gericht mit allen Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des festgestellten Sachverhalts in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich auseinandersetzt. Aus der Nichterwähnung einzelner Umstände kann daher regelmäßig auch nicht geschlossen werden, das Gericht habe diese bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen. So kann etwa schon durch die Erwähnung der Rechtsauffassung des Beteiligten im Tatbestand des Urteils hinreichend deutlich werden, dass das Gericht das Argument des Beteiligten zur Kenntnis genommen hat. Setzt sich das Gericht dann mit den durch den Rechtsvortrag aufgeworfenen Rechtsfragen auseinander, ist es nicht verpflichtet, die im Tatbestand aufgeführte Rechtsauffassung in den Entscheidungsgründen ausdrücklich aufzugreifen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 4.8.2004, 1 BvR 1557/01). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht seiner Pflicht aus § 128 Abs. 1 Satz 1 genügt und seiner Entscheidung das Vorbringen der Beteiligten sowie den festgestellten Sachverh...