2.1 Berufung der ehrenamtlichen Richter
Rz. 2
Die Berufung zum ehrenamtlichen Richter in der Sozialgerichtsbarkeit erfolgt durch Verwaltungsakt (Hoheitsakt), nicht durch Wahl. Die Berufung hat konstitutive Wirkung. Sie wird wirksam mit der Bekanntgabe an den Betroffenen (BSG, Beschluss v. 6.9.2017, B 13 R 177/17 B). Zuständig ist seit 2.1.2002 die nach Landesrecht zuständige Stelle. Durch die Berufung wird ein besonderes Rechte- und Pflichtenverhältnis begründet, weshalb auch der Vorschlag zur Begründung des entsprechenden Rechtsverhältnisses nicht ausreichend sein kann. Wie jeder Verwaltungsakt ist auch die Berufung zum ehrenamtlichen Richter anfechtbar. Es ist streitig, ob und ggf. von wem dieser Verwaltungsakt angefochten werden kann. Ein Anfechtungsrecht wird unter Hinweis auf § 22 teilweise generell verneint (Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 13 Rz. 5). Da in die Rechte der vorschlagsberechtigten Stellen und der Nichtberufenen eingegriffen wird, ist ein Anfechtungsrecht zu bejahen (Zeihe, SGG, § 13 Rz. 4d unter Hinweis auf die Regelungen im ArbGG; nun auch – 13. Aufl.- Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 13 Rz. 1a). Das Anfechtungsrecht steht deshalb den in § 14 genannten vorschlagsberechtigten Stellen sowie den Nichtberufenen zu. Insoweit besteht die Situation der Konkurrentenklage. Hinsichtlich der Zuständigkeit für solche Anfechtungsklagen wird vertreten, dass gemäß § 40 Abs. 1 VwGO die Verwaltungsgerichte zuständig sind (Zeihe, SGG, § 13 Rz. 4d). Wegen des entscheidenden Sachzusammenhangs wurde andererseits eine Zuständigkeit der Sozialgerichte bejaht (Meyer-Ladewig, SGG, § 13 Rz. 1, bis zur 7. Aufl.). Da über die Rechtmäßigkeit der Ernennung der Berufsrichter aufgrund gesetzlicher Bestimmung die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit entscheiden, obwohl auch hier ein Sachzusammenhang nicht zu verneinen ist, kann die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gemäß § 40 Abs. 1 VwGO für öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht allein mit dem Argument des Sachzusammenhangs verneint werden.
Rz. 3
Die Amtszeit ist durch das 6. SGGÄndG von 4 auf 5 Jahre verlängert worden. Dies geschah in Anlehnung an § 20 Abs. 1 ArbGG und soll eine weitere Kontinuität der Rechtsprechung und eine Verminderung des Verwaltungsaufwands bewirken (BT-Drs. 14/5943 S. 22). Die ehrenamtlichen Richter bleiben nach Ablauf ihrer Amtszeit im Amt, bis ihre Nachfolger berufen sind (zur erheblichen Überschreitung der Amtszeit und verfassungsrechtlichen Bedenken vgl. BSG, Beschluss v. 29.11.2006, B 6 KA 34/06 B). Das bedeutet nicht, dass für jeden ehrenamtlichen Richter ein (bestimmter) Nachfolger zu berufen ist, sondern dass die Amtszeit eines nicht mehr berufenen ehrenamtlichen Richters (erst) dann endet, wenn die Berufung der ehrenamtlichen Richter eines Gerichts für die sich anschließende Amtszeit abgeschlossen ist. Eine erneute Berufung ist zulässig. Sie ist in der Praxis die Regel und auch sinnvoll, um die besonderen Erfahrungen für die Gerichtsbarkeit zu nutzen. Bei entsprechendem vorübergehenden Bedarf können sog. Notberufungen für ein Jahr erfolgen.
2.2 Vorschlagslisten
Rz. 4
Die nach Landesrecht zuständige Stelle nimmt die Berufungen anhand von Vorschlagslisten gemäß § 14 vor. Die Zahl der Vorgeschlagenen ist nicht mehr festgelegt. Sie kann im Wesentlichen – insbesondere durch ein Ergänzungsersuchen nach § 13 Abs. 1 Satz 2 – durch die zuständige Stelle bestimmt werden. Eine Auswahlmöglichkeit ist aber auch dann noch gegeben, wenn nur so viele ehrenamtliche Richter wie notwendig vorgeschlagen werden. Wird eine Liste nicht entsprechend der Aufforderung der zuständigen Stelle ergänzt, können ehrenamtliche Richter berufen werden, die nicht auf der Liste stehen. Die zuständige Stelle kann ohne Begründung vorgeschlagene Personen ablehnen. Bei der Entscheidung dürfen alle gerichtsbekannten Umstände im Rahmen sachlicher Erwägungen Berücksichtigung finden. Neben den in Abs. 5 und 6 genannten Kriterien ist auch das Geschlecht berücksichtigungsfähig, um einen angemessenen Frauenanteil zu erreichen. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Regelung in § 44 Abs. 1a DRiG.
2.3 Ermächtigung der Landesregierung
Rz. 5
Die Einfügung von § 13 Abs. 2 durch das 6. SGGÄndG ermächtigt die Landesregierung (bzw. die oberste Landesbehörde – Justiz- oder Arbeitsministerium) mittels Rechtsverordnung eine einheitliche Amtsperiode festzulegen. Diese Regelung hat der Gesetzgeber vorgenommen, um eine Vereinfachungsmöglichkeit für das Verfahren der Berufung der ehrenamtlichen Richter zu schaffen. Er ist damit einer schon länger bestehenden Forderung nachgekommen. Lediglich klarstellende Funktion hat § 13 Abs. 2 Satz 2, der bestimmt, dass dann auch im Falle von Nachberufungen die Amtszeit mit der Amtsperiode endet. Ansonsten würde die erstrebte Vereinfachung nicht erreicht. Der in Abs. 1 genannte 5-Jahreszeitraum gilt insoweit nicht, sondern wird durch die Festlegung einer einheitlichen Amtszeit verkürzt (Kummer, SGb 2001, 707).
2.4 Anzahl der ehrenamtlichen Richter
Rz. 6
Die Zahl der berufenen ehrenamtlichen Richter richtet sich nach der Menge der Rechtsstreitigkeiten, ...