Rz. 40
Der Rechtsschutz gegen rechtswidrige Wahlmaßnahmen bei Wahlen i. S. d. § 57b oder Wahlen zu den Selbstverwaltungsorganen der Kassenärztlichen Vereinigungen ist im SGG nur unvollkommen geregelt. Nach § 131 Abs. 4 spricht das Gericht, wenn es eine Wahl ganz oder teilweise für ungültig hält, dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben. Im Übrigen sind allgemeine Wahlrechtsgrundsätze heranzuziehen, wie sie in Rechtsvorschriften zu den Sozialwahlen der Selbstverwaltungsorgane der Sozialversicherungsträger i. S. d. § 57 SGB IV, zu den Wahlen der berufsständischen Kammervertretungen, zu den politischen Wahlen in Bund, Ländern und Kommunen, zu den Wahlen der Betriebsvertretungen und zu den Wahlen nach Maßgabe des Vereins- und Gesellschaftsrechts niedergelegt sind (vgl. BSGE 71, 175; LSG Hamburg, Urteil v. 9.5.2007, L 2 KA 32/06). Die Wahlanfechtungsklage ist keine Anfechtungsklage, sondern eine Feststellungsklage (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, § 131 Rz. 15) bzw. eine Klage besonderer Art (vgl. BSGE 23, 93; BSGE 39, 244, 245; BSGE 54, 104; offen gelassen in BSG, Urteil v. 11.2.2015, B 6 KA 4/14 R, Rz. 17). Sie geht nach § 131 Abs. 4 auf Ungültigerklärung der Wahl. Anfechtungsgegenstand ist allein die Wahl selbst. Eine eventuelle Ungültigkeit der Wahl ergibt sich nicht zwingend aus der Rechtswidrigkeit der im Laufe des Wahlverfahrens getroffenen Zwischenentscheidungen, etwa wenn diese sich auf das Wahlergebnis nicht auswirken (vgl. BSG, Urteil v. 16.12.2003, B 1 KR 26/02 R). Die Wahlanfechtungsklage richtet sich gegen die betroffene Körperschaft, soweit in Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist. Es kann nicht nur die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht werden. Der Kreis der Anfechtungsberechtigten bei der Wahlanfechtungsklage ist weiter zu ziehen. Das beruht darauf, dass durch eine Wahlprüfung nicht nur die subjektiven Rechte der Beteiligten – Kandidaten, Wähler und Gewählte – sondern auch die Einhaltung des objektiven Rechts, die Rechtmäßigkeit der Wahl an sich, letztlich die gesetzmäßige Zusammensetzung des gewählten Organs geschützt werden soll (vgl. BSGE 57, 42). Nach § 131 Abs. 4 ist im Tenor nicht nur auszusprechen, dass die Wahl des ... zur Vertreterversammlung ... am ... ungültig ist, sondern es müssen auch die Folgerungen hieraus im Einzelnen – ggf. auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes – angeordnet werden. Erledigt sich die Wahlanfechtungsklage durch eine zwischenzeitliche Neuwahl (Zeitablauf), sind die Regelungen der Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend anzuwenden, weil es sich um eine vergleichbare Prozesssituation handelt und der Kläger auch nach Erledigung der ursprünglichen Wahlanfechtungsklage ein Interesse an einer bestimmten Feststellung hinsichtlich der angefochtenen Wahl haben kann (vgl. BSG, Urteil v.13.9.2005, B 2 U 21/04 R; ähnlich BSG, Urteil v. 28.1.1998, B 6 KA 98/96 R).