Rz. 49
Während bei der reinen Anfechtungsklage dem Begehren des Klägers mit der Aufhebung des ihn belastenden und seine Rechte verletzenden Verwaltungsakts auf der Grundlage des nur teilweise aufgeklärten Sachverhalts in vollem Umfang stattgegeben wird, sodass insofern kein entscheidungsbedürftiger Reststreitstoff verbleibt (vgl. BVerwGE 107, 128; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113 Rz. 51) erzielt der Kläger, der die Verurteilung der Behörde zum Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts oder zur Leistungsgewährung anstrebt, mit einer Aufhebung des Verwaltungsakts nur einen Teilerfolg, der ihm regelmäßig keine Verbesserung seiner prozessualen Situation bringt, weil sie nur die Wiederholung des behördlichen Verfahrens zur Folge hätte (vgl. BSG, Urteil v. 17.4.2007, B 5 RJ 30/05 R; BVerwGE 107, 128). Beantragt der Kläger ausdrücklich die Verurteilung zu einem bestimmten Verwaltungsakt oder zur Gewährung einer Leistung, hebt das SG aber den Verwaltungsakt lediglich nach § 131 Abs. 5 auf (die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger neu zu bescheiden, könnte sich daraus herleiten lassen, dass sein Antrag mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes wieder offen ist) oder, wofür die Neufassung des Abs. 5 Satz 2 HS 2 spricht, verurteilt es daneben zur Neubescheidung, müsste nach den Grundsätzen zum Bescheidungsurteil eigentlich eine Klageabweisung im Übrigen erfolgen. § 131 Abs. 5 liegt aber die Konzeption zugrunde, dass das Sozialgericht ausnahmsweise berechtigt sein soll, den Verwaltungsakt aufzuheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (Abs. 1 Satz 1). Außerdem bringt der Ausspruch zur Neubescheidung in diesem Zusammenhang wohl lediglich zum Ausdruck, dass der Antrag nach Nachholung der im ersten Verwaltungsverfahren unterlassenen, aber nach Rechtsauffassung des Gerichts gebotenen Ermittlungen (erneut) zu bescheiden ist. Wenn keine Entscheidung über den Leistungs- oder Verpflichtungsanspruch erfolgt, ist auch keine Teilabweisung auszusprechen.
Hebt das Sozialgericht den angefochtenen Verwaltungsakt nach Abs. 5 auf, wird das für die Beklagte mit der Auferlegung der außergerichtlichen Kosten des Klägers nach § 193 verbunden sein. Obwohl dieser nur einen Teilerfolg erzielt hat, ist eine Kostenbelastung des Klägers regelmäßig nicht gerechtfertigt, weil er es nicht in der Hand hatte, das Gericht zur Nachholung erforderlicher Ermittlungen und zur vollständigen Prüfung des Anspruchs zu zwingen. Für die Beklagte dagegen realisiert sich ein mit unzureichenden Ermittlungen im Verwaltungsverfahren eingegangenes Risiko.
Rz. 50
Fraglich ist, ob der Kläger gegen solch ein Urteil Berufung einlegen könnte. Für Rechtsmittel des Klägers verlangt die h. M. grundsätzlich dessen formelle Beschwer durch die Abweichung von Klageantrag und rechtskraftfähigem Urteilsausspruch (siehe dazu bei § 141). Erfolgt keine Teilabweisung, fehlt es aber an einem den Kläger belastenden Tenor. Es kann also vordergründig keine für den Kläger ungünstige, dem von ihm erhobenen Anspruch entgegenstehende Entscheidung in Rechtskraft erwachsen. Gleichwohl ist unverkennbar, dass – anders als in der Situation der reinen Anfechtungsklage – der Ausspruch des Gerichts nach Abs. 5 bei der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage und der Verpflichtungsklage hinter dem Antrag des Klägers zurückbleibt. Die Beschwer des Klägers könnte danach nicht in einer negativen Entscheidung, sondern nur in der Nichtentscheidung zu suchen sein. Soweit einhellig die Auffassung vertreten wird, dass eine Beschwer durch eine Nichtentscheidung des Gerichts nicht in Betracht komme (vgl. z. B. BSGE 17, 11; BGHZ 30, 213; Blanke, in: Sodan/Ziekow, VwGO, vor § 124 Rz. 62), betrifft dies Fälle des Teilurteils, welches bei einer Entscheidung nach Abs. 5 gerade nicht vorliegt. Im Urteil v. 25.4.2013 (B 8 SO 21/11 R, Rz. 13) hat das BSG auch darauf hingewiesen, dass sich durch Anwendung von § 131 Abs. 5 (dort. a. F.) die verfahrensrechtliche Position des Klägers nicht unwesentlich verschlechtert hat. Denn das SG habe der Klage nur hinsichtlich des Anfechtungsteils stattgegeben, hinsichtlich des Leistungsantrages den Beklagten aber nur zur Neubescheidung verurteilt und die Klage im Übrigen sogar abgewiesen. Letztlich sollte eine Beschwer des Klägers auch dann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, wenn der Tenor keinen negativen Ausspruch enthält. Dafür spricht, auch wenn das Sozialgericht nur eine Kassationsentscheidung wegen Aufklärungsmangel trifft ohne in der Sache selbst zu entscheiden, dass die für die Kassation typische reine Anfechtungssituation nicht gegeben ist und das Urteil nach Abs. 5 Elemente des Bescheidungsurteils (in der Fassung ab 1.1.2009, vgl. auch Abs. 5 Satz 2 HS 2) und eines zurückverweisenden Urteils (§ 159) besitzt. Auch bei einem dem Bescheidungsantrag stattgebenden Urteil kann der Kläger beschwert sein (vgl. § 141 Rz. 29) und beim Zurückverweisungsurteil sind stets Kläger und Beklagte beschwert. Im Ergebnis sollte grundsätzlich dem Kläger die M...